Jac van Steen - Archive reviews
"Eur-Oper-Gala" in Dortmund:
Klassik-Kreuzfahrt wurde zur Traumschiff-Reise
Hasmik Papian mit Simon Neal (l.) und Generalmusikdirektor Jac van Steen
DORTMUND Eine Europareise hatten die Theater- und Konzertfreunde Dortmund mit ihrer "Eur-Oper-Gala" im Konzerthaus versprochen. Es war eine Reise mit dem Traumschiff, einem Programm ganz nach dem Geschmack des Publikums, launig aufgelegten Dortmunder Philharmonikern, die im zweiten, italienisch-spanischen Teil immer mehr zu Höchstform aufliefen, einem munteren Jac van Steen als Steuermann und zwei Stargästen.
Sopranistin Hasmik Papian ist hierzulande noch ein Geheimtipp, eine Spezialistin fürs dramatische, späte Verdi-Fach. Die ganze Frau besteht aus Vibrato, wenn sie singt. Dvoraks "Lied an den Mond" machte die 49-jährige Armenierin zum Lied an das ganze Weltall, und im berühmten "O mio babbino caro" von Puccini schwelgte sie in Erinnerungen an Laurettas Jungmädchenzeit.
Stimmtriumphe
Auf den zweiten Stargast darf Dortmund stolz sein: Bariton Simon Neal ist in Dortmund groß geworden, Schurkenrollen wie die des Jago aus Verdis "Otello", in der er großartig den ganzen Hass der Figur durch den Saal schleuderte, sind seine Paradepartien. Und auch als Pizarro in Beethovens "Fidelio" feierte er Stimmtriumphe. In Finnland begann die Reise und führte bis ins Operettenland, zu Lehárs "Lustiger Witwe". Tenor kann Simon Neal noch nicht, aber das Duett "Lippen schweigen" war das Bonbon auf dieser Klassik-Kreuzfahrt ins Glück.
Jazz in Opera
Mit Temperament und guter Laune führte van Steen sein Orchester als dirigierender Holländer durch Streicherstürme in Wagners "Fliegendem Holländer" und bat zum Tanz mit Brahms und Ballettmusik aus Verdis Troubadour. Das fabelhafte Ensemble "Jazz in opera" spielte zum geselligen Ausklang der Gala im Foyer. Das Publikum war begeistert.
Julia Gaß
Dorstener Zeitung
12.02.2011
Foto: Hickman
Elegante Duftnoten einer Dornröschen-Geige
Komponist Christian Jost. Er hat auch die Oper "Hamlet" geschrieben, die im April in Dortmund zu sehen ist.
DORTMUND - Da kann man froh sein, dass die Dortmunder Philharmoniker in dieser Saison alle Brahms-Sinfonien spielen. Die Erste im Philharmonischen Konzert Dienstag und Mittwoch im Konzerthaus war musikalisch ein Meilenstein des Orchesters, das zu einem aufregenden Brahms-Klang gefunden hat.
Eine emotionale Massenbewegung mit einem leidenschaftlich dirigenden Jac van Steen, eine perfekte Mischung aus feuriger Wildheit und sonniger Ruhe. Ein Saisonhöhepunkt. Im März folgt die dritte Sinfonie.
Gekoppelt hatten die Philharmoniker die Erste mit den großen sinfonischen Effekten mit Brahms' "Geigen-Sinfonie", dem Violinkonzert. Dieses Programm und Isabelle Faust als Solistin bescherten dem Orchester über 1000 Zuhörer an jedem Tag.
Eleganz und Energie
Die 38-jährige Berlinerin verbindet in ihrem Spiel mit selbstverständlicher Souveränität Eleganz und Energie. Sie kontrollierte im ersten Satz mit energischem Strich und makelloser Technik den Klang auf ihrer Dornröschen-Stradivari mit dem nicht dem allzu großen Ton, setzte luftige Duft-Noten in der Pastorale und versprühte im Finale immer mehr Musizierlust. Van Steen ließ differenziert begleiten; vor allem im Finale war es ein lustvolles, glückliches Miteinander.
Es war ein Konzert mit Lebertran und Sahnebonbons. Vorweg gab's die 15-minütige Kopfmusik "CodeNine" von Christian Jost (47) von 2009. Da mäanderte die Musik durchs Orchester, Zitate aus neunten Sinfonien von Mahler, Beethoven und Bruckner konnte man nicht erkennen. In höflichen Applaus mischte sich Dienstag ein Buh-Ruf.
Julia Gaß
Emsdettener Volkszeitung
02.02.2011
Foto: privat
Freude schöner Götterfunken
Neujahrskonzert
Auf vielfachen Wunsch erklingt im Dortmunder Opernhaus zum Jahreswechsel die opulente 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven. Dieses Meisterwerk der Musikgeschichte bildet einen einmaligen Appell an die Menschlichkeit.
Vor allem auch die Verbindung von Instrumentalklängen mit denen der menschlichen Stimme im vierten und letzten Satz, stellt damals wie heute eine Besonderheit in der Gattung der Sinfonie dar, die die Zuhörer immer wieder aufzuwühlen vermag.
Die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von GMD Jac van Steen werden das Werk in einer großen orchestralen Besetzung mit einem romantischen Streicherapparat interpretieren. „Alle Menschen werden Brüder!“ – dieses bekenntnishaften Wunsches nehmen sich außerdem die Gesangssolisten Caroline Melzer (Sopran), Gundula Schneider (Alt) und Stephan Klemm (Bass) sowie der Opern- und Extrachor des Theater Dortmund (Einstudierung: Granville Walker) an.
Ludwig van Beethoven (1770-1827)
Sinfonie Nr. 9 d-Moll op. 125 (1822-24)
Jac van Steen (Dirigent)
Caroline Melzer (Sopran)
Gundula Schneider (Mezzosopran)
Robert Künzli (Tenor)
Stephan Klemm (Bass)
Chor und Extrachor des Theater Dortmund
Granville Walker (Einstudierung)
Kulturkurier
Januar 2011
Henze-Projekt
Orpheus und Eurydike im Theater Dortmund
Ein Spinnennetz umfasst die Hölle, in der Orpheus umherwandelt.
DORTMUND Ins Auge und Ohr springen die Verbindungen zwischen Glucks Oper „Orpheus und Eurydike“ und Henzes Kammermusik und den Nachtstücken nicht gerade. Die Dortmunder Oper wagte jetzt einen Brückenschlag zwischen den Werken.
Der dreistündige Brückenschlag über zwei Jahrhunderte Musikgeschichte ist konstruiert, weil sich das Theater Dortmund am Henze-Projekt der Ruhr.2010 beteiligen wollte. – Gewollt, aber gekonnt umgesetzt von Opernintendantin Christine Mielitz im leider bei der Premiere am Sonntag recht leeren Dortmunder Opernhaus.
Spätbarocke Klänge
Tenor James Oxley als Gast sang Henzes 45-minütige Kammermusik zu Beginn, begleitet von 16 Musikern der Dortmunder Philharmoniker unter Leitung von Jac van Steen und Gitarrist Christian Kiefer im hochgefahrenen Graben. Sehr genau musiziert hörte man diese diffizilen, kunstvollen Lieder und später in der Gluck-Oper feine klassische und prächtige spätbarocke Klänge. Oxley hat einen schönen, lyrischen, sehr hohen Tenor. Aber dass zwei so große Partien seine Stimme strapazieren, hörte man später im Orpheus.
Griechenland ist die Klammer, auch Henzes Beschwörungen der Antike und seine Figur des mythologischen Sängers. Mielitz macht die Verknüpfung augenfälliger: Der Tenor verbeugt sich, eine Frau überreicht Blumen, bricht zusammen. Im Parkett stehen Statisten auf, mimen entsetztes Publikum, ein Teil des Orchestergraben fährt hoch. Da steht der Opernchor mit Instrumenten.
Effektvoller Beginn
Eine aufregende, effektvolle Szene, bei der viele Zuschauer zuerst nicht an ein Spiel dachten: Die Frau mit den Blumen ist Eurydike. Oxley zieht den Frack aus, wird zum Orpheus. Dichter und noch glaubwürdiger wäre die Verknüpfung ohne Pause.
Die schwarz-weiß-Ästhetik der konzertanten Nachtstücke bleibt in Glucks Oper. Der halbrunde Laufsteg wird zum Vollkreis. Mensch und Maschine sind viel in Bewegung in dieser krimihaften, spannenden Inszenierung, balancieren oft am Abgrund.
Eine Art Spinnennetz umschließt die Hölle, umkreist den gefangenen Orpheus, Feuer lodert, Reigen seliger Geister marschieren im weiß gewandeten Chor (originelle Bühne und Kostüme: Hartmut Schörghofer) über die Bühne. Es gibt viel zu gucken in der abgerundeten Inszenierung.
Mythisches stellt Mielitz heraus und dass die große Stärke der Regisseurin die Psychologisierung und Führung der Figuren ist, sieht man hier deutlich. Seelische Qual macht James Oxley als Orpheus allerdings deutlicher als Angela Bic als Eurydike, die sie gut singt, aber weniger intensiv spielt als Oxley.
Flucht ins Märchen
Eurydikes Asche aus der Urne reibt sich Orpheus später ins Gesicht, will sich nicht erdolchen, sondern mit den Saiten der Harfe die Pulsadern aufschneiden, bevor Gluck der eigentlich tragischen Geschichte ein glückliches Ende hinzufügt. – Mit Amor, der in dieser Inszenierung ein Vogel (Julia Amos) ist. Erst eine düsterer mit überdimensionalen, schwarzen Schwingen, dann ein schwarz-rot-goldener.
Es folgten Henzes Nachtstücke und Arien nach Gedichten von Ingeborg Bachmann, etwas scharf gesungen von Angela Bic, aber optisch mit großem Orchester im runden, hochgefahrenen Graben sehr wirkungsvoll. Wie der ganze, dreistündige Abend. Naturalistische Visionen sind das, eine Flucht ins Märchen.
Julia Gaß
Emsdettener Volkszeitung
31.05.2010
Foto Jauk
BBC National Orchestra of Wales, St David's Hall
Whatever else may be said of Mahler's juggernaut Sixth Symphony in praise or detriment, it confirmed his place in music as one of the truly great orchestrators. To mark the 150th anniversary year of the composer's birth (next year will be the centenary of his death), the BBC NOW sent it across the airwaves at this broadcast concert with virtuoso playing under conductor Jac van Steen.
The popular Dutchman made light of Mahler’s skill in fragmenting the music, juxtaposing it and re-deploying it for dramatic effect. These days, cynicism ensures that Mahler's genius has comic overtones and for some his lengthy symphonic exertions are overblown and faintly ridiculous. His wife, Alma, gave her life over to mollycoddling his ego, and when she drifted towards other men he was overwrought.
But nothing devastated the couple as much as the death of their four-year-old daughter, Maria, in 1907. In the Sixth, completed when Mahler's career seemed to be cruising along nicely, death and disappointment are paradoxically foreshadowed. Typically his part in the drama - embattled, heroic - is set within a wide catchment, in this context not least the first passionate theme of the symphony, representing his wife, and evocations of the countryside.
You really have to be in the audience to delight in what's going on in this sort of complicatedly bulky work, from the offstage cowbells (they're onstage too) to those mighty hammer-blows of Fate as one of the percussionists descends to his 'workplace' and raises the biggest mallet in the history of symphonic sound effects
Nigel Jarrett
South Wales Argus
May 24, 2010
Opernball in Dortmund
Startenor Jonas Kaufmann im Sternenstaub
Handkuss vom Stargast Jonas Kaufmann für die "Kanzlerin" (Vera Semieniuk).
DORTMUND Angela Merkel war da, Guido Westerwelle und Edmund Stoiber. Dazu die Staatspräsidenten aus Italien und Frankreich, EU-Präsident Barroso und Jonas Kaufmann.
Der Startenor war allerdings der einzig echte Promi beim zwölften Dortmunder Opernball am Samstag im Opernhaus. Die Politiker waren glänzend gespielte Parodien von Dortmunder Opernsängern in der kurzweiligen Inszenierung des Gala-Programms von Christine Mielitz. "Sternenstaub" schütteten die Theater- und Konzertfreunde Dortmund für ihre 1170 Gäste bei diesem größten gesellschaftlichen Ereignis der Stadt, das alle zwei Jahre stattfindet, aus.
Es funkelte und glitzerte golden und elegant im ganzen Haus - sehr zur Freude auch von Ruhr.2010-Geschäftsführer Oliver Scheytt. Bis in die frühen Morgenstunden wurde in allen Foyers gefeiert - klassisch, mit Wiener Walzer und rockig mit Elvis-Imitator. Und mit einer für den Ball choreografierten Mitternachtsshow des Balletts.
Himmlische Stimmen
Der Tenor von Jonas Kaufmann funkelte leise in dem ganzen Sternenglanz, aber dafür umso himmlischer. Außerirdisch schön war die Cavaradossi-Arie des 41-jährigen Münchners mit den zärtlichen, direkt ins Herz gehenden leisen Tönen in den hohen Lagen und den baritonal-dunkel leuchtenden Farben in der Tiefe. Überirdisch war auch sein Don José aus Bizets "Carmen". Weit weg, in der Bühnenkulisse stand Kaufmann da und zeigte in dieser Arie und auch in seiner fabelhaften Gralserzählung aus Wagners "Lohengrin", dass man auch ohne kraftstrotzende Herkulesstimmbänder und ein Feuerwerk an hohen Cs zum besten deutschen Tenor nach Fritz Wunderlich werden kann. Das ist Jonas Kaufmann zweifellos und ein smarter Verführer mit der Stimme, wenn er Frauen als Rigoletto-Herzog umgarnt.
Alles Walzer
Angela Merkel (Vera Semieniuk in ihrer bis in die kleinste Geste und den leichten S-Fehler überragend gut gespielten Rolle) und Guido Westerwelle (Craig Birmingham) luden sich in der kleinen Fledermaus-Ball-Geschichte solche Gäste gerne ein. Ein sehr vergnüglicher Ball, bei dem es ab 23 Uhr auch in Dortmund hieß: "Alles Walzer". Die Dortmunder Philharmoniker unter Leitung von Jac van Steen schafften souverän die schnellen Wechsel zwischen Barockmusik, Operette, großer Oper und Walzer zum Tanz auf der Bühne.
Von Julia Gaß
Ruhr Nachrichten
09.05.2010
Verdis „Falstaff“ ist ein grandioses Schelmenstück
Ritter John Falstaff (Jacek Strauch) will den Frauen auch im schicken Oldtimer imponieren. Mr. Ford (Simon Neal) findet das nicht lustig.
DORTMUND „Die ganze Welt ist ein Witz, und der Mensch ist ein Narr“. Das zeigt Giuseppe in seiner letzten Oper „Falstaff“. Und Regisseurin Beverly Blankenship macht aus dem altersweisen Schelmenstück im Dortmunder Opernhaus einen prallen, knallbunten, turbulenten Spaß.
Die Inszenierung der Britin, die Sonntag im Dortmunder Opernhaus Premiere gefeiert hat, könnte sich zu einem ebenso großen Publikumserfolg entwickeln wie Blankenships Dortmunder „Don Giovanni“. Hier zuzuschauen und zuzuhören macht richtig viel Vergnügen.
Kaum zu glauben ist, dass Verdi 80 Jahre alt war, als er die Oper nach Shakespeares Vorlage „Die lustigen Weiber von Windsor“ schrieb. Leicht und heiter wie Rossini klingt die Musik aus dem Graben von den Dortmunder Philharmonikern unter der Leitung von Jac van Steen.
Rundum vortrefflich besetzt ist auch das ganze Sängerensemble – angeführt von Jacek Strauch als Gast in der Titelpartie. Er ist ein großartiger Falstaff mit viel Spaß an Situationskomik, von der diese Inszenierung reichlich bietet, singt mit leicht geführtem und sehr geschmeidigem Bariton, der auch gewaltig klingen kann.
Charlie Chaplin-Charme
In engen Räumen (Bühne: John Lloyd Davies) und mit Figuren, die dieser „Opera comica“ auch Charlie Chaplin-Charme geben (witzige Kostüme: Susanne Hubrich), entwickelt Blankenship mit groteskem Spiel die Komödie um den Ritter in der Midlife-Krise, der auf die Ehre pfeift und Wein, Weib und Gesang den Vorzug gibt.
Hinter bürgerliche Fachwerk-Fassaden lässt sie den liebestollen Falstaff und die Zuschauer blicken. Mit Schirm, Charme und Melone schwänzelt der Opernchor um Ritter Falstaff im Oldtimer und dem eifersüchtigen Ehemann von Falstaffs Opfer Alice Ford (Christina Rümann) hinterher. Simon Neal zeigt als Mr. Ford wieder seine ganze Klasse, diesmal auch als Komödiant.
Geister-Zwerge im Nackt-Kostüm
Was in Blankenships „Don Giovanni“ die rote Rose war, ist in ihrem „Falstaff“ eine weiße Calla. Sie ist die einzige Bühnendekoration, wenn sich im dritten Akt die Bühne zur Waldszene weitet. Geister-Zwerge, die später in Nackt-Kostümen entblößt sind, tummeln sich dort. Und Alices Freundin Meg (Maria Hilmes), die mit Babybauch dem Schwerenöter eine Lektion erteilt, hat da schon einen Wichtel geboren. Märchenhaft sind die Bilder mit Fords Töchterchen Nannetta (großartig gesungen von Julia Amos) auf der Schaukel.
Balance gefunden
Den Grat zwischen Slapstick, Groteske und philosophischer Tiefe balanciert Blankenship gekonnt aus. Diese Inszenierung sprüht vor Witz, flirtet mit der Lächerlichkeit, gleitet aber nicht ins Alberne ab. Absolut sehens- und hörenswert.
Julia Gaß
Haltener Zeitung
Foto: Laryea
12.04.2010
Antonin Dvorak:
Sinfonie Nr. 6 D - Dur op. 60
Symphonische Größe – große Ouvertüren
CD Aufnahme Dabringhaus
....Dvořáks Notiz, dass die D-Dur-Symphonie „etwas sein“ müsse, haben sich die Dortmunder Symphoniker unter der Leitung von Jac van Steen offensichtlich zu Herzen genommen. Ihre im vergangenen Jahr beim Label MDG erschienene CD gibt eine überaus gelungene Auseinandersetzung mit der symphonischen Musik des Böhmen wieder.
Vorweggenommen werden darf, dass sich die Interpretation insgesamt durch eine klare Vorstellung der symphonischen Gesamtkonzeption auszeichnet. Jede melodische Linie, jeder emphatische Ausbruch oder Klangfarbenwechsel scheint mit Blick auf seine Funktion für den Gesamtverlauf des jeweiligen Satzes bemessen. Das Dortmunder Orchester und van Steen verstehen es, die Diskursivität und Prozessualität des Werks spannend umzusetzen. Man erhält beim Hören wirklich den Eindruck, als ob die ca. 42 Minuten Aufführungsdauer wie im Fluge vergehen.
Einer souveräne Blick........Vorweggenommen werden darf, dass sich die Interpretation insgesamt durch eine klare Vorstellung der symphonischen Gesamtkonzeption auszeichnet. Jede melodische Linie, jeder emphatische Ausbruch oder Klangfarbenwechsel scheint mit Blick auf seine Funktion für den Gesamtverlauf des jeweiligen Satzes bemessen. Das Dortmunder Orchester und van Steen verstehen es, die Diskursivität und Prozessualität des Werks spannend umzusetzen. Man erhält beim Hören wirklich den Eindruck, als ob die ca. 42 Minuten Aufführungsdauer wie im Fluge vergehen.
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Dortmund, 6. Philharmonisches Konzert
Weltentsagend und weltleidend war das Programm dieses 6. Philharmonischen Konzerts. Fünf Stunden dauert Wagners Bühnenweihfestspiel "Parsifal". Der niederländische Arrangeur Henk de Vlieger hat die Instrumentalmusik aus der Oper auf knapp eine Stunde Spieldauer aneinander gefügt. Entstanden ist "Parsifal - Eine orchestrale Reise". Fast eine Stunde lang ließ Generalmusikdirektor Jac van Steen die Bearbeitung seines Landsmanns im breiten Klangfluss strömen. Das Orchester hat einen wunderbaren Wagner-Klang - was man derzeit auch im "Lohengrin" hört.
Immer neue opulente Klänge
Das Arrangement geht zwar behutsam mit Wagners Musik um und hat die Ausmaße einer großen, spätromantischen Sinfonie, bietet aber nicht die selbe Abwechselung und die unterschiedlichen sinfonischen Charakteristika, weil sie pausenlos weihevoll fließt. Man schaut auf die Uhr, wenn der sinfonische Elefant immer wieder zu neuen opulenten Klängen anhebt. - Musik für die Fastenzeit ist diese Sahneschnittchen-Suite aus der Karfreitagsoper nicht.
Julia Gass
08. März 2010
Haltener Zeitung
Lohengrin
.....Musikalisch entwickelt der Abend viel Sogkraft: Jac van Steen hält die Zügel sicher in der Hand, wählt flüssige Tempi und einen ausgenüchterten, doch plastischen Tonfall. Die Dortmunder Philharmoniker sitzen auf der Stuhlkante und ziehen klangschön mit.
Opernwelt, Panorama
April 2010
Von Wundern und Heilsuchenden
Da sind sich auch Profi-Nörgler ziemlich einig. Was Generalmusikdirektor Jac van Steen aus Dortmunds Philharmonikern binnen kurzer Zeit gemacht hat, ist wundergleich. Ob man das Orchester in Wagners „Lohengrin” hört oder im Philharmonischen Konzert: Es hat sich außergewöhnlich gesteigert. Wagner-Oper und Konzert werden im März von van Steen idealerweise zusammengeführt. Wer also die Dortmunder musikalisch länger gemieden hat, sollte dem Klangkörper unbedingt eine Chance geben.
Lars von der Gönna
Der Westen
01.03.2010
BBC Now/Jac van Steen
Hoddinott Hall, Cardiff
David Matthews had already started on his cello concerto when he visited Lundy island, where he found himself "suffused in blue". The experience inspired him to conceive the rest of the work as a search for the ultimate blueness, hence its title: Concerto in Azzurro.
Fashioned in a single sweeping movement, the work's most lyrical phrases, high on the cello's A string, are those that capture this notion of a big and blissfully blue sky. In this acoustic, however, the balance between soloist and orchestra created tensions the composer may not have intended. The orchestra's cello section begins the piece in rumbling, grumbling fashion.
It's all firmly grounded, as if to warn the solo cellist against too many flights of fancy (a hedonistic display with solo violin is one such episode), but this leads eventually to a mood of calm reconciliation. Cellist Guy Johnston gave a performance that was less flamboyant than that of Steven Isserlis, who first aired the work, yet it was tightly focused and always engaging.
Matthews's concerto was framed by Stravinsky's Symphony in Three Movements and Prokofiev's Third Symphony, both pieces largely recycled from earlier, incomplete or aborted projects. Conductor Jac van Steen emphasised Stravinsky's incisiveness, assisted by the concertante piano and harp lines; but, after the Andante's dancing flute pas de deux, he couldn't prevent the natural sag. In the Prokofiev symphony, derived from the composer's Fiery Angel opera, the fire was clearly audible.
Rian Evans
Guardian.co.uk
28 January 2010
Dutilleux: Tout un Monde Lointain; Lutosławski: Cello Concerto etc
Poltéra/ORF Vienna RSO/Van Steen
Mstislav Rostropovich gave the first performances of Dutilleux and Lutosławski's concertos in the same year, 1970, and they remain among the greatest composed for the cello in the second half of the 20th century. Christian Poltéra's performances measure up impressively to the stature of the works themselves.
It's tempting to make Dutilleux's wonderfully coloured and seamless work, with its epigraphs from Baudelaire, a bit too rhapsodic and impressionist, a bit too fey and French, but there's something refreshingly straightforward and robust about the approach that Poltéra and the conductor, Jac van Steen, adopt. They trust the solidity of the work's construction, and vividly bring out its internal drama as a result. In the Lutosławski, the drama is much more adversarial. There's a lot more of the traditional concerto cut and thrust between the soloist and the orchestra, but Poltéra seems to revel in that, too; the energy and ebullience about his playing in both works is very engaging.
Andrew Clements
Guardian.co.uk
28 January 2010
Musik für den lieben Gott
Jac van Steen dirigierte
DORTMUND - Die Dortmunder Philharmoniker haben alle Erwartungen, die das Publikum in das vierte Philharmonische Konzert, das nach Schönbergs Monodram den Titel "Erwartung" trug, am Montag im Konzerthaus erfüllt. Das Konzept, den Ein-Frau-Opern-Einakter mit einem Stummfilm zu begleiten, ist aufgegangen. Und das Orchester setzte die Krimi-Musik unter Leitung von Generalmusikdirektors Jac van Steen in spannende Klänge um.
Schönberg hat da mit hoch expressiven Klängen weiter gemacht, wo Richard Strauss aufgehört hat. Eine Sekunde höchster Erregung hat er in eine halbe Stunde Musik umgesetzt. Und Regisseur Peter te Nuy und Filmstudent Onat Hekimoglu illustrierten das mit Hitchcock-ähnlichen Bildern der Sängerin im Wald, Botanischen Garten und vor einer Industriehalle, wo auch das Orchester Statist ist.
Susanne Schubert als geheimnisvolle Frau
Mehrere Leichen gibt es in dem Film. Bei Schönberg sucht eine Frau ihren Geliebten im Wald, findet ihn tot, durchlebt einen Albtraum. Wer die Textvorlage von Marie Pappenheim gelesen hat, weiß, dass die Frau den Mann umgebracht hat. Schönberg lässt das offen und die Frau geheimnisvoller erscheinen. Susanne Schubert machte das intensiv, mit glühendem Sopran deutlich, wurde eins mit der Frau in dem Psychodrama.
100 Musiker auf der Bühne
100 Orchestermusiker saßen auf der Bühne. Und so sehr unterscheidet sich Schönbergs Kompositionstechnik gar nicht von der Bruckners in der neunten Sinfonie, mit der das Melodram gekoppelt war. Beide schichten Klänge, Schönberg artifizieller, Bruckner hymnischer. Beides machte Jac van Steen wie ein Bildhauer des Klangs am Pult deutlich.
"Dem lieben Gott" gewidmet ist Bruckners letzte, unvollendete Sinfonie, die die Philharmoniker unter einem großen Spannungsbogen zusammenfassten. Am Ende bleibt die Hoffnung. Und die kann Schönbergs zerstörte Frau auch gebrauchen. Das Publikum im sehr gut gefüllten Haus war zu Recht begeistert.
Julia Gaß
19. Januar 2010
Ruhr Nachrichten
Foto: Dortmunder Philharmoniker
H. Dutilleux • W. Lutoslawski
Christian Poltéra • Jac van Steen
• ORF Vienna Radio Symphony Orchestra
Klassik-heute-Empfehlung
1 CD/SACD stereo/surround • 70 Min. • 2008
Klassik Heute (14.01.2010)
Die Cellokonzerte von Dutilleux und Lutosawski entstanden auf Anregung des großen Mstislaw Rostropowitsch; sie wurden 1970 von ihm zur Uraufführung gebracht und eingespielt. Christian Poltéra, einer der interessantesten Cellisten der jüngeren Generation, muss den Vergleich mit Rostropowitsch nicht fürchten. Poltéra ist ein phänomenaler Instrumentalist, dazu ein intelligenter Interpret, der seine Erfahrungen mit zeitgenössischer Musik in seine Deutung einfließen lassen kann.
Geheimnisvolle Lyrik bei Dutilleux (Jg. 1916) und raffinierte dramatische Klangrede bei Lutosawski (1913-1994) – das sind die Pole der beiden Konzerte. Die Komponisten waren fast gleichaltrig, gingen aber ganz verschiedene Wege. Beide reagierten auf sehr unterschiedliche Weise auf Veränderungen in der Musik, auf Impressionismus, Zweite Wiener Schule und andere Innovationen.
Als Dutilleux in den 1960er Jahren an sein Cellokonzert ging, war er geradezu besessen von den Dichtungen seines Landsmanns Charles Baudelaire. Das Violoncello erschien ihm „als das ideale Instrument, zwischen Baudelaires Universum und der Welt des Klangs zu vermitteln". Der Titel Tout un monde lontain… (Eine ganze Welt in der Ferne) ist dem Gedicht La Chevelure aus Baudelaires berühmtem Zyklus Fleurs du mal (Blumen des Bösen) entnommen, einem sinnlichen Poem über das Haar seiner Geliebten Jeanne Duval. Die fünf Sätze des Konzertes beziehen sich auf je ein Gedicht dieser Sammlung. Dutilleux führt den Hörer auf eine schillernde Reise mit Zwölftonreihen, seriellen Formen, pointilistischer Verwendung des Orchesters, aparten Klangkombinationen, mit einem redend-erzählenden Gestus des Solisten und freiem Fantasieren.
Lutosawskis Cellokonzert hat metaphorischen Charakter. Es „handelt" von menschlicher Kommunikation im Allgemeinen und von deren Umsetzung im Kompositionsprozeß im Besonderen. Der Dialog zwischen Solo und Orchester geht teils unerwartete Wege, mal gelingt er, mal misslingt er, die Partner reagieren aufeinander, sie widersprechen einander, der Solist kämpft gegen die Übermacht des Orchesters und hat am Ende wie bei Dutilleux das letzte Wort. Entworfen wird, wie Reinhard Schulz einmal formulierte, „das Bild einer Kommunikation, die jedoch nicht frei ist von Beklemmung und Angst und in der Konfrontation des einzelnen mit der Masse durchaus tragische Züge aufweist".
Christian Poltéra erweist sich als großartiger Interpret der beiden Konzerte – sei es eingebunden in die Klanggespinste bei Dutilleux, sei es verwickelt in die stark konfrontativ geprägte Interaktion der Beteiligten bei Lutosawski. Poltéras Interpretationen haben Kraft, insistierende Gestik, Spannung, aber auch Sinnlichkeit, geheimnisvollen Ton, große Suggestivität. Der Solist bleibt dabei auf wunderbare Weise und ganz unforciert stets der Mittelpunkt der Aufführungen. Im Solostück von Dutilleux spielt er die improvisatorischen Züge aus, Lutosawskis kurze Sacher-Variation atmet Spontaneität.
Das RSO Wien ist dem Solisten ein ebenso virtuoser wie wacher und schlagfertiger Partner. So wird auf denkbar beste Weise das Interesse an zwei der bedeutendsten und ungewöhnlichsten Cellokonzerte des 20. Jahrhunderts neu geweckt! Der Klang ist deutlich, präsent, direkt und transparent.
Helge Grünewald (14.01.2010)
Sensationell
Der Cellist Christian Poltéra spielt Dutilleux und LutoslawskiIn der Konzentration liegt eine ganz besondere Qualität.
Henri Dutilleux, Jahrgang 1916, hat in seinem Leben vielleicht 35 Werke veröffentlich, und es ist nicht davon auszugehen, dass noch viel dazukommt. Das Wenige aber hat es in sich. Für den aktuellsten Beweis sorgt der Cellist Christian Poltéra.
Mit dem Radio Symphonieorchester Wien hat der 32-Jährige Dutilleux' «Toute un monde de lointain» aufgenommen, und das Ergebnis ist geradezu sensationell.Poltéra fasst den lyrischen Gehalt dieser nicht eben leicht zu goutierenden Partitur mit wunderbar sinnlichem Ton, der den oszillierenden Orchesterklängen eine ganz eigene Energie entgegensetzt. Das klingt noch in den krudesten Passagen wie ein verführerischer Tanz um ein geheimnisvolles, magisches Zentrum.
Dazu bildet das zweite Cellokonzert der CD von Witold Lutoslawski, ebenso 1970 vollendet, einen dynamischen Gegensatz. Hier werden Kräfte gemessen, der Solist oder das Individuum steht dem Orchester, respektive dem Staatsapparat gegenüber, und bei Lutoslawski ist diese Lesart zwingend. Seelenvoll bäumt sich das Cello auf, droht über weite Passagen im Kollektiv unterzugehen und setzt sich am Ende doch durch.
Poltéra findet auch hier zu einer bemerkenswerten Intensität, wobei die Radiomusiker unter der Leitung von Jac van Steen einen hochkonzentrierten, äußerst präzise agierenden Gegenpart bilden. (Dutilleux, Lutoslawski, Cellokonzerte, Christian Poltéra, Cello, Jac van Steen, Ltg., Radio Symphonieorchester Wien, BIS CD 1777, VÖ Ende November 2009)
AD-Hoc News DE
19.12.2009
Frank Martin spielt in unserem Konzertleben kaum eine Rolle. Was uns da entgeht, ist eine unverwechselbare Musik von eigener Schönheit, die sich von jeher souverän jenseits der Frage bewegt, ob sie modern, auf der Höhe der Zeit sei.
Martins im zweiten Weltkrieg entstandener Zyklus ist mehr als die kongeniale Vertonung der leicht blumigen Jugendstil-Prosa Rilkes, die das erotische Erwachen eines jungen Mannes kurz vor seinem Tod auf dem Schlachtfeld schildert.
Martins zerbrechliche Harmonik gibt dem Rilke-Text etwas anrührend Zeitloses. Christiane Stotijn singt mit expressiver Wärme, nur ganz selten leicht angestrengt in der Höhe. Und Jac van Steens Orchester spielt fabelhaft luzide.
Frank Martin: Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke
Christiane Stotijn, Musikkollegium Winterthur: Jac van Steen
MDG 901 1444-6
Opernwelt. 12.2009
[...] Es ist faszinierend, mit welcher Präzision das ORF Radiosinfonieorchester unter dem exzellenten Dirigenten Jac van Steen den Solisten Christian Poltéra bei beiden Konzerten viel mehr als "nur" begleitet. Da vermittelt sich eine zwingende Intensität, eine wunderbare Harmonie, ein Musizieren, wie es für zeitgenössische Musik nicht besser sein kann.
NDR kultur
11.12.2009
Opern-premiere: Kaputte Helden
Dortmunds Generalmusikdirektor Jac van Steen interpretiert Wagners Partitur gekonnt psychologisierend. An den richtigen Stellen schwelgt das Orchester und trumpft zu Wagnerschem Klangzauber auf, doch über weite Strecken ist es ein sehr, sehr leiser und ausgesprochen langsam gehaltener „Lohengrin”, der dennoch sogar fast schmerzhaft spannend ist, weil van Steen das Unheilvolle, Drohende herausarbeitet, das nicht so oft in diesem Notentext hörbar gemacht wird.
Dadurch entsteht ein unmittelbar packendes Klangbild mit vielen unerwarteten und neuen Erkenntnissen über die Oper. Die Dortmunder Philharmoniker klingen unter van Steen nach schlechten Jahren endlich wieder so sauber, präzise und delikat, wie ein A-Orchester es sollte.
Kultur
7.12.2009
Das Glück der Anderen
Die Handvoll Buhs für die Regie darf man in Dortmund getrost politisch nennen. Der Jubel aber war groß für einen unerhört beweglichen Chor und jene Philharmoniker, die unter Jac van Steen vielleicht noch nicht die vollendete C-Dur-Sonne aufgehen lassen, aber eines unbedingt können: mitreißende Theatermusik.
Der Westen
7.12.2009
Wagners Lohengrin als Ritter aus dem Weltraum
In der Dortmunder Oper ist Lohengrin (Marco Jentzsch) ein Weltraumkrieger.
DORTMUND - Ein Science-Fiction-Märchen hat Christine Mielitz aus Wagners Oper „Lohengrin“ gemacht. Das Stück feierte am Sonntag Premiere in der Dortmunder Oper. Das Publikum war gespalten. Was hat man in Wagners Oper „Lohengrin“ nicht schon für Scheußlichkeiten von Schwänen auf die Bühne fahren sehen: plastikgelbe, hölzern-trojanische oder Neuschwanstein-romantische.
Christine Mielitz kommt in ihrer „Lohengrin“-Inszenierung ganz ohne Schwan aus, dafür brauchte sie zwei Lohengrine: Der erste, Marco Jentzsch, gab nach dem ersten Akt auf, musste von der Seitenbühne von der Zweitbesetzung Charles Kim im Anzug und mit Noten auf dem Pult stimmlich gedoubelt werden.
Offiziell hieß es „Luftröhrenverengung“, es klang aber nach stimmlicher Überforderung. Einen zweiten Akt hätte man Jentzsch noch zugetraut – mehr nicht in dieser anspruchsvollen Rolle. Kim war für einen Einspringer sehr ordentlich – eine Lichtgestalt war sein Lohengrin allerdings stimmlich nicht.
Szilvia Rálik Ortrud mit stählernen Stimmbändern
Mielitz‘ Lohengrin, in düsterer Schwarz-Weiß-Fernseh-Optik der 1960er Jahre (Bühne: Frank Fellmann), ist ein Schwanenritter von sciencefictionärer Gestalt. Eine Mischung aus Starlight Express-Lokomotive, Außerirdischem und Weltraumkrieger in silberner Rüstung. Ein Spielzeug, das kleine Jungs gerne unter dem Tannenbaum finden.
Elsa, das blonde, somnambule Mädchen im weißen Kleid, das an den Märchenprinzen glaubt, stöckelte mit so hohen Absätzen über die Bühne, dass das Singen schwer fallen musste. Immerhin haushaltete Susanne Schubert mit ihrem für diese große Rolle bescheidenen stimmlichen Material und hielt drei Akte durch, durfte auch das prächtige Hochzeitskleid mit der verschwenderisch riesigen Seidenschleppe (Kostüme: Renate Schmitzer) treulich geführt fast bühnenfüllend ausbreiten und im dritten Akt im goldenen Stoffmehr (dem einzigen Farbklecks der Inszenierung) ihren Prinzen anhimmeln.
Ihr Gegenstück war Szilvia Rálik Ortrud, die mit stählernen Stimmbändern, metallisch-scharfe Kontraste setzte. Nicht immer schmeichelnd für die Ohren. Die Glas-Spiegelwände, die Mielitz auf die Bühne fahren lässt, verstärkten die Schärfe in der Stimme noch. Einen vorzüglichen Heinrich hat die Inszenierung mit Stephan Klemm, auch Anton Keremidtchiev hat als Telramund schöne Momente.
Dortmunder Philharmoniker mit opulentem Wagner-Klang
Die Premiere trugen der von Granville Walker erstklassig einstudierte Opernchor, der aber nur schwarze Masse sein darf, und die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Generalmusikdirektor Jac van Steen, die Wagners Fünf-Stunden-Epos differenziert, spannungsvoll und mit opulentem Wagner-Klang musizierten. Feine, silbrig schimmernde Töne hörte man da ebenso wie großen Sog und Rausch sowie hervorragendes Blech aus dem Graben und von den Seitenbühnen.
Mit Picassos „Guernica“ und dem Bild „Arions Meerfahrt“ von Runge bietet Mielitz‘ Science-Fiction-Märchen zwischendurch mal was fürs Auge. Auch am Schluss mit der Verwandlung von Lohengrins Boots-Galionsfigur in das Kind Gottfried, Elsas totgeglaubten Bruder, inmitten einer Kommandozentrale für Außerirdische. Das Publikum war gespalten: Für die Regie gab es ein Buh-Gewitter und Bravo-Rufe.
Julia Gaß
Ruhr Nachrichten
7. Dezember 2009 12:06 Uhr
Foto: Menne
Dortmunder Philharmoniker
Klanggebirge von Solistin Leonskaja und Orchester
Elisabeth Leonskaja musizierte mit den Dortmunder Philharmonikern - fein und nuanciert.
DORTMUND Lang ist‘s her, dass die Dortmunder Philharmoniker mit einem Weltstar musiziert haben. Im zweiten Philharmonischen Konzert am Montag im Konzerthaus traten sie mit Solistin Elisabeth Leonskaja auf. Es war ein mit stehenden Ovationen gefeierter Abend.
Leonskaja saß an dem Flügel, den sie vor sieben Jahren für das Konzerthaus selbst ausgesucht hat. Den Abend hat das Theater sogar auf einer CD konserviert. Und die 63-jährige, georgische Pianistin schien das Orchester an diesem Abend mit „Liebestod und Sehnsucht“ zu beflügeln.
Leonskaja weniger herbe als früher
Nun ist die bescheidene Leonskaja eine Pianistin, die mit weniger herben Tönen als früher spielt, sich mit feineren Anschlagsnuancen in die Musik vertieft.Die Liebessehnsucht von Brahms zu Schumanns Frau Clara, die aber mehr aus dem ersten Klavierkonzert klingt, war keine mit oberflächlichen Effekten heißblütig lodernde Liebe zwischen Solistin und Orchester, sondern eine tiefer glühende, verständnisvolle Liebe. Leonskaja schlüpfte hinein in die zu mächtigen Klanggebirgen getürmte Musik, die Brahms als „das lange Schrecknis“ angekündigt hat.
Emotional dirigierender Jac van Steen
Mit geschmeidigem Ton, zurückhaltend, aber präsent, wenn es darauf ankam, Klänge zum Leuchten zu bringen und mit Silberton im zweiten Satz. Das ganze Finale gab‘s als Zugabe noch einmal.
Vorspiel und Liebestod aus Wagners „Tristan“ zu Beginn klangen ekstatischer im vorzüglich spielenden Orchester unter der Leitung des emotional dirigierenden Jac van Steen. Das war ein Bad in wogenden Klangwellen. Viel zum Hören und Schauen hatten die Besucher in den Orchesterstücken von Berg, eine vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs komponierte Vorahnung einer Apokalypse.
Viel Brachiales hörte man in der riesigen Orchesterbesetzung mit acht Schlagwerkern, 15 Blechbläsern, vierfach besetztem Holz und über 50 Streichern. Einen morbide gespielten Walzer, aber auch Donner, der im Schlussakkord mit einem baumstammdicken Schlegel auf die große Trommel geschlagen wird.
Julia Gaß
Foto: Martin
Halterner Zeitung
6. Oktober 2009
Gänsehaut-Gefühle
Mit der südkoreanischen, heute in Berlin ansässigen Komponistin Unsuk Chin hat die Philharmonie Essen im fünften Jahr ihres Bestehens eine faszinierende Persönlichkeit zur In-Residence-Künstlerin ernannt. Am Sonntagnachmittag gaben das renommierte britische Hilliard Ensemble (David James, Countertenor; Rogers Covey-Crumb, Tenor; Steven Harrold, Tenor; Gordon Jonses, Bariton) und die Dortmunder Philharmoniker unter Leitung ihres Generalmusikdirektors Jac van Steen im Alfried-Krupp-Saal den Startschuss für eine ganze Reihe von Konzerten, die sich in der Saison 2009/10 mehr oder minder ausführlich mit Chins Arbeit befassen werden. Herausgekommen ist dabei ein gelungener und vom Publikum zu Recht bejubelter Auftakt, der nicht nur aufgrund seiner intelligenten Konzeption, sondern auch wegen der exzellenten musikalischen Umsetzung überzeugen konnte.
Im Mittelpunkt stand Chins 1999 komponiertes Werk 'Miroir des temps' für Vokalquartett und Orchester, eine ambitionierte siebensätzige Komposition, die Vergangenheit und Gegenwart unter dem Gesichtspunkt konstruktiver Aspekte miteinander verschränkt und die historischen Ausgangspunkte – eine Ballade von Johannes Ciconia, ein zypriotisches Liebeslied aus dem 15. Jahrhundert und komplexe kanonische Künste auf der Basis von Guillaume de Machaut – zugleich formal in die Gesamtanlage einbindet.
Die Mitglieder des Hilliard Ensembles, vor zehn Jahren auch Interpreten der Uraufführung, gestalteten ihre Gesangsparts mit der ihnen eigenen Perfektion. Steen und sein um zahlreiche Klangerzeuger (etwa ein Blockflötenquartett, Harmonium, Cymbalom und Gitarre) bereichertes Orchester unterstützten dies mit einer sehr feinfühligen Wiedergabe, bei der die klingenden Ergebnisse von Chins Instrumentationskunst wie ein Mantel um die Singstimmen herumgelegt oder – im instrumentalen Interludium – zu einem permanent sich fortpflanzenden und erst gegen Ende fast abrupt abbrechenden Crescendo geformt wurden.
Dass der Umgang mit der schwierigen und oftmals sehr heiklen Partitur der Koreanerin so ausnehmend gut und klanglich ausgewogen gelang, war eine der Überraschungen dieses Abends. Eine weitere verdankte sich dem Hilliard Ensemble, das unmittelbar vor 'Miroirs des temps' durch Wiedergabe von fünf Motetten Guillaume de Machauts einen über die Jahrhunderte hinweg ragenden Bogen von der Spätgotik zu Chins Komponieren schlug und anhand dieser in höchstem Maße konstruktiven 'a cappella'-Musik zeigte, dass Komplexität nicht erst seit der Moderne zum Rüstzeug und Ausdrucksmittel eines Komponisten gehört. Allein die schlanke Klangkultur des Vokalquartetts wirkte in der Akustik des großen Saales doch ein klein wenig verloren.
Nicht nur die Beziehungen Chins zur Musik der Renaissance standen im Mittelpunkt des Abends, auch die historischen Wurzeln ihrer besonderen Klangbehandlung wurden thematisiert. Steen griff hierzu einerseits zu Beginn des Konzerts auf Gabriel Faurés 'Pelléas et Mélisande'-Suite op. 80, andererseits – in der zweiten Hälfte des Abends – auf 'Alborada del Grazioso', auf die 'Rapsodie espagnol' und auf die zweite Suite aus dem Ballett 'Daphnis et Chloé' von Maurice Ravel zurück und traf damit eine ausgezeichnete Wahl.
Auch hier konnte er das bis zum letzten Takt hoch konzentriert agierende Orchester zu Höchstleistungen anspornen: Die üppige Klangpracht des 'Prélude' aus Faurés Suite etwa geriet zu einem Gesangsbogen ohne Ende, der – geprägt von Rücksichtnahme auf den Atemstrom und mit feiner Modellierung der Einzelphrasen versehen – selbst in den Pausen weiter zu klingen schien. Der subtile Zugang zu den leisen Passagen aus Ravels 'Rapsodie espagnol', die luzide Schilderung des anbrechenden Tages im 'Lever du jour' aus 'Daphnis et Chloé', die einem die Gänsehaut über den Rücken jagte, aber auch die sinnlichen Klangwolken und gestochen scharfen Blechbläserattacken, die Steen dem Orchester in 'Alborada del Gracioso', im 'Malagueña'-Satz der 'Rapsodie' und im 'Danse générale' der Suite entlockte, gehörten neben Chins Komposition zu den unauslöschlichen Eindrücken dieses starken Konzertabends – eines Abends, mit dem sich die Dortmunder Philharmoniker und ihr GMD im allerbesten Licht gezeigt haben.
Dr. Stefan Drees
Klassik.com
20.09.2009
Fulminante Saisoneröffnung
Fulminant eröffnete GMD Jac van Steen mit den Dortmunder Philharmonikern die neue Konzertsaison. „Couleurs de l´amour“ überschrieb er das erste Konzert, das in die glitzernde französische Musik des 20. Jahrhunderts führte.
Mit hoher Emotionalität hat Gabriel Fauré in seiner Suite op. 80 die verbotene Liebe von Pelléas und Mélisande nach dem Drama von Maurice Maeterlinck beschrieben, mit weitschwingenden Bläserbögen, mit rauschenden Harfenpassagen. Melodieintensiv und von berückender Farbkraft vom sehnsuchtsvollen Prelude bis zur schwer wiegenden, atmosphärisch dichten Trauermusik. Jac van Steen inspirierte seine Musiker zu Intensität und Deutlichkeit dieser charakteristischen Klänge zwischen Romantik und Impressionismus.
Der Komponist Henri Dutilleux ist heute 93 Jahre alt und sendete Grüße und gute Wünsche für die Aufführung seiner „Correspondances für Sopran und Orchester, die Barbara Hannigan mit viel Einfühlungsvermögen sang. Es sind Lieder ,,die sich auf ein Gedicht des französischen Dichters Charles Baudelaire beziehen und Texte von Rilke, des indischen Autors Prithwindra Mukherjee, Alexander Solschenitzyn und Vincent van Gogh in emphatische Klänge setzen.
Mystisches Denken
„So unterschiedlich sie sind“, schreibt Dutilleux, „so ist ihnen doch gemeinsam, dass sie bei ihren Verfassern die gleiche Neigung zu mystischem Denken reflektieren“. Der Komponist verwendet eine höchst interessante orchestrale Großbesetzung, setzt die Instrumenten aber sehr differenziert ein und gibt der Singstimme eine entsprechende stimmungsvolle Basis. Die Philharmoniker konnten diese vielen Nuancen dieses gemäßigt modernen Klangbilds sehr inspiriert nachvollziehen.
Der zweite Teil des Abends gehörte Maurice Ravel, dem vielseitigsten Komponisten des Impressionismus mit spanischem Flair. Mit dem grotesken „Alborada del Gracioso“ führte van Steen gleich in die kraftvolle und koloritreiche Welt Spaniens - mit Humor, effektvollen Orchesterkniffen, bildhafter Effektivität.
Gewichtig dann auch die Rhapsodie espagnole mit ihren Stimmungsgegensätzen, ihrer typischer Instrumentierung mit Anlehnungen an spanische Tänze, endend mit der furiosen „Feria“, überwältigend in ihrer bunten Illustrierung spanischen Lebens. Und zum Schluß Ravels Ausflug in das Griechenland seiner Träume: die Ballettsuite „Daphnis et Chloé“. Hier holte van Steen noch einmal alle Klangreserven seines Orchesters heraus, die leuchtenden, impressionistischen Zauberklänge und Farben, ließ das schöne Flötensolo aufblühen, setzte effektvoll den hier mitagierenden Chor (bestehend aus verschiedenen Dortmunder Chören) ein und führte sicher zum orgiastischen Schluss.
Keine Blumen zum Schluss
Für die Solistin und den Dirigenten gab es keine Blumen – eine neue Sparmaßnahme der Stadt? Van Steen antwortete wohl indirekt darauf, als er in seiner Begrüßungsrede sagte: Theater und Konzerthaus sollen weiterhin eine Oase der Ruhe und Inspiration sein, die vergessen lassen, was es politisch alles gibt.“
Sonja Müller-Eisold
Fotos: Franz Luthe
WE Kultur
15.09.2009
Dortmunder Philharmoniker
Saisonauftakt mit allen "Farben der Liebe"
Jac van Steen dirigierte.
DORTMUND Mit Musik, aus denen die "Farben der Liebe" klang, haben die Dortmunder Philharmoniker zum Saisonauftakt am Montag im Konzerthaus Dortmund das Publikum und sich fast in einen Liebesrausch gespielt.
Sehnsucht in der verbotenen Liebe, die Fauré in der Suite "Pelléas et Mélisande" vertont hat, steigerte sich über eine Flirt zwischen Sopran und Orchesters in Henri Dutilleux "Correspondances" zur heißen Liebesnacht in einer "Ravel-Sinfonie", die Generalmusikdirektor Jac van Steen aus der "Alborada", der "Rapsodie espagnole" und der "Daphnis et Chloé"-Suite zusammen gestellt hat. Eine gute Idee, die das Orchester mit effektvoll herausgespielten spanischen Klängen temperamentvoll zum fast entfesselten Rausch forcierte. - Ein fabelhafter Start in die Saison.
Präzise und differenziert gespielt
In der Fauré-Suite knüpften die Philharmoniker - glänzend in Form - mit euphorischem und sehr genauem Spiel an die große romantische Emphase des Saisonausklangs mit Tschaikowskys Fünfter an. Bemerkenswert, wie präzise die Geigen in Spinnerin-Satz schnurrten und Klangfäden sponnen.
Barbara Hannigan als sehr gute Solistin
Bei aller üppiger Farbigkeit der französischen Musik und dem Schwung der Spätromantik, zeigte van Steen mit seinem Orchester vor allem, wie differenziert man diese Werke spielen muss, damit sie wirken. - Besonders die "Correspondances" von Dutilleux, zu deren Aufführung der 93-jährige Komponist ein Grußwort geschickt hat.
Barbara Hannigan sang den Solopart mit liedhaftem Sopran, führte die Stimme sicher durch viele Ausdrucksvarianten, bis zum Sprechgesang und ließ sie am Schluss auch lodern. - Ein Kontrast zu den Vokalisen der vier von Granville Walker einstudierten Chöre (Extrachor Theater, Musikverein, Oratorienchor und Schubertchor) in Ravels "Daphnis et Chloé". Klangvoll und präsent.
Julia Gaß
Foto: Dortmunder Philharmoniker
Ruhr Nachrichten
15.09.2009
Dortmunder Philharmoniker
Glanzvoller Ausklang
Tschaikowskys fünfte Sinfonie steht auf der Wunschliste des Publikums ganz oben. Und so setzte Jac van Steen diese großartige, gewaltige und spannende Musik im 10. Philharmonischen Konzert – „wünsch dir was“ über-schrieben – an den Schluß seiner bemerkenswerten sinfonischen Spielzeit.
Das immer noch von Puristen umstrittene, von den Hörern geliebte Werk erklang mit überschwänglicher Emphase als ein Markstein romantischen Empfindens. Nur entfernt darf man an ein „Programm“ denken: das Schicksal als Macht im Dialog mit eigenen Wünschen und Vorstellungen, Ergebenheit schließlich und freudiges, machtvolles Ende. Van Steen begegnete ihm mit den aufgeschlossenen und noch einmal mit vollem Einsatz musizierenden Philharmonikern mit viel großangelegter Klangentwicklung, mit Leidenschaft und Lust, mit Farbsinn und schwelgerischen Aufbrüchen.
Aus dunklem Beginn ließ er das schwermütige Leitthema, das alle Sätze durchzieht, ausstrahlen und bedeutsam werden, mit lyrischer Intensität erwuchs der zweite Satz aus dem bewegenden Hornsolo zu bezaubernden Gesängen. Und nach dem Valse mit seiner ausgeprägten tänzerischen Gestik fand das Orchester zu stimmungsvoller Episodik und einer mitreißenden, weit ausholenden akzentbetonten Schlußsteigerung. Jubelnd dankte das Publikum für die Erfüllung seines musikalischen Wunsches.
Zuvor erklangen Antonin Dvoraks Konzertouvertüre „In der Natur“ – musikalische Stimmungsbilder von zarter Farbgebung, die den Hörer in sanfte Landschaften führen und die Laute von Natureindrücken in bezauberndes Kolorit und nuancenreiche Farben tauchen - und das erste Konzert für Violoncello und Orchester von Camille Saint-Saens.
Wolfgang Emanuel Schmidt spielte das eigenwillige Werk, das reizvolle Kantilenen, Leichtfüßigkeit und Bravour verbindet, mit weichem, nuanciertem Ton, der auch in den hochvirtuosen Passagen und dramatischen Zuspitzungen nicht seine sublime Schönheit verliert. Er lässt französischen Charme aufklingen, setzt Akzente und unterstreicht den besonderen Charakter des Konzerts, die starke Einbindung des Solisten ins Orchestergeschehen und die Brillanz seines hochfordernden Parts.
Ein Kinderstück von Prokofiew als Zugabe widmete er den jungen Besuchern, spielte sich damit aber auch spontan in die Herzen der älteren Zuhörer. Ein jubelnder, klangstarker Saison-Ausklang, der schon wieder nachdrücklich Lust auf die kommende Spielzeit machte!
WE Kultur
Sonja Müller-Eisold
23.06.2009
Foto: Franz Luthe
Romantik stand beim letzten Auftritt im Zentrum
Jac van Steen dirigierte das letzte Philharmonische Konzert der Saison im Konzerthaus Dortmund.
DORTMUND "Wünsch Dir was!" hatten die Dortmunder Philharmoniker und ihr Chef Jac van Steen die Besucher vor dem letzten Philharmonischen Konzert im Konzerthaus aufgefordert. Und sie wünschten sich Tschaikowskys 5. Sinfonie, die Schicksalssinfonie.
Offenbar haben die Abonnenten dem Orchester damit auch einen Wunsch erfüllt: Selten hat man die Philharmoniker so glühend leidenschaftlich und emotional musizieren gehört. - Ein Geschenk und kleine Entschädigung nach dem szenischen "Elfen-Experiment" im letzten Konzert, das bei vielen für Unmut gesorgt hatte.
Tief griff van Steen in die Romantik-Schublade, ließ die Streicher in süffig, sattem Klang schwelgen und Pathos brodeln. Gespickt mit Effekten ist die Sinfonie. Van Steen machte sie alle hörbar und verband sie organisch. Ein triumphaler Abschluss seiner ersten Saison als GMD, in der der Niederländer viel bewegt und viel Leidenschaft des Publikums für die Philharmoniker zurückerobert hat.
Wolfgang Emanuel Schmidt spielte mit filigraner Virtuosität
Gut, dass das Publikum das Wunsch-Werk so passend in Besetzung und Stilistik zu den anderen, vor einem Jahr gesetzten Werken des Programms gewählt hat. Dvoraks Ouvertüre "In der Natur" war ein schwungvoll gespielter Auftakt, Saint-Saens' Cellokonzert das elegant-romantische Pendant. Mit rokokohaft filigraner, sicherer Virtuosität spielte Wolfgang Emanuel Schmidt, Spezialist für französische Musik, den Solopart.
Sinfonie haben die Philharmoniker aufgenommen. Vielleicht für eine CD. Im Sommer produziert das Orchester im Konzerthaus zunächst eine Dvorak-CD mit der 6. Sinfonie und der Ouvertüren-Trilogie.
Julia Gaß
Haltener Zeitung
23. Juni 2009
Foto: Philharmoniker
Strawinsky-Doppel mit "Oedipus rex" und "Le sacre du printemps"
Christine Mielitz hat das Operoratorium "Oedipus rex" am Dortmunder Theater insziniert.
DORTMUND - Es ist ein interessantes Strawinsky-Doppel, das drei Spartenchefs des Dortmunder Theaters am Sonntag auf die Bühne gebracht haben: Das Opern-Oratorium "Oedipus rex" und das Ballett "Le sacre du printemps" zeigen beide in eine archaische Welt, sind Opfer-Stücke. Aber grundverschieden.
"Oedipus" aus dem Jahr 1927 ist mehr Oratorium als Oper. Entsprechend schlicht hat Opernintendantin Christine Mielitz das einstündige Werk auf die Bühne gebracht. Mit dem gut 50 Männern starken Opern- und Extrachor in schwarzen Anzügen und zum Teil maskenhaft geschminkten Gesichtern ist sie nahe an der (konzertanten) Uraufführung. Auch da trugen die Sänger Masken und vom Männerchor waren nur die Köpfe sichtbar.
König Oedipus, das Opfer seines eigenen Schicksals, und später Mutter Jokaste thronen in einem goldenen, schwebenden Käfig (Ausstattung: Hartmut Schörghofer) über der Bühne. Hannes Brock vermittelt als Sprecher zwischen Jean Cocteaus lateinischem Text nach Sophokles und der Gegenwart.
Ji Young Michel und Charles Kim gestalten "Oedipus" mit viel Pathos
"Oedipus" stammt nicht nur aus Strawinskys neoklassizistischer Phase, sondern auch aus der Zeit, in der der Komponist Verdis Musik sehr geliebt hat. Das hört man in der Arie der Jokaste und ihrem Duett mit Oedipus. Dennoch gaben Ji Young Michel und Charles Kim diesen Partien mit großem Vibrato viel Pathos, das zu der in beiden Werken farbig-pointierten Begleitung der Dortmunder Philharmoniker unter Leitung von Generalmusikdirektor Jac van Steen, zu Simon Neals weniger dramatischem Kreon und zu der Inszenierung nicht passte. Hervorragend war der von Granville Walker einstudierte Chor.
Strawinskys "Sacre" haftet noch immer der Mythos des Skandals an
In der Rolle der Jungfrau tanzte Monica Fotescu-Uta.
Strawinskys "Sacre" ist 14 Jahre älter, und noch immer umkreist das gut halbstündige Ballett der Mythos des Skandals, den die Uraufführung 1913 bei der feinen Pariser Gesellschaft ausgelöst hat. Ballettchef Xin Peng Wang zeigt den Bilderbogen aus dem heidnischen Russland in einer modernen, stilisierten Hochhauslandschaft. Wie aus einem Fenster geschubst tanzte Primaballerina Monika Fotescu-Uta die Jungfrau, die in einem Ritual dem Frühlingsgott zur Versöhnung geopfert wird.
Monika Fotescu-Uta in der Rolle der Jungfrau
Spannende Schrittkombinationen hat Wang für Strawinskys rhythmische Musik gefunden. Viel passiert gleichzeitig in der 18 Tänzer starken Großstadt-Bande. Dieser Polytanz ist eine wunderbare Korrespondenz zu der polytonalen und polyrhythmischen Musik. Mehr archaisch als barbarisch wirkt Wangs ästhetische Choreografie: Eine "Blutrinne" wird zur Gosse für die Großstadtmenschen und ist auch Brücke zurück zur triebhaften Natur.
Julia Gaß
8. Juni 2009
Foto: Bettina Stöß
Haltener Zeitung
Stimmgewaltig in die Abgründe des Seins
Illustre Gäste wurden zu der Gala-Vorstellung von Giacomo Puccinis Oper „Tosca“ in Zusammenarbeit mit dem Musikfestival „Klangvokal“ ins Opernhaus eingeladen. Doch der Startenor Johan Botha sagte wegen Krankheit ab - wie auch Emily Magee. Eilends wurden andere weltweit agierende Sänger herbeigerufen, die nicht nur eine Lücke füllten, sondern vom Publikum begeistert gefeiert wurden: der Tenor Kamen Chanev, der die großen Partien seines Fachs an vielen internationalen Häusern gesungen hat, und die Chinesin Hui He, seit Jahren Gast an den größten Opernbühnen.
Sie fügten sich recht gut in die aktionsreiche Inszenierung von Christine Mielitz ein, die mit handfesten Grausamkeiten auf der Bühne nicht spart und dramatische Hochspannung fordert. Und ließen sich von Jac van Steen führen, der mit den Philharmonikern dramatisches Feuer entwickelte und bisweilen dem Schönklang realistisch raue, analytische Klanglichkeit entgegensetzte.
Sonja Müller-Eisold
Der Westen,
1.6.2009
9. Philharmonischen Konzert mit dem Sommernachtstraum
Jac von Steen hat Mendelssohns "Sommernachtstraum" und Henze beim 9. Philharmonischen Konzert miteinander verbunden.
DORTMUND Es waren vier Experimente, die Dortmunds Generalmusikdirektor Jac van Steen im 9. Philharmonischen Konzert gewagt hat: "Sommernachtsträume" von Mendelssohn und Henze (8. Sinfonie) wollte er verbinden und spartenübergreifend, halbszenisch aufführen. Im Konzerthaus, das sich für Sprechtheater nicht besonders eignet. Und vor Abonnenten-Publikum, das am liebsten Musik hört.
Experiment eins ist gelungen: Mendelssohns Schauspielmusik zu der Shakespeare-Komödie und Hans Werner Henzes Illustrationen, die auch Sommernachts-Albträume zeigen, fügten sich harmonisch und schlüssig ineinander. Dass sich der Brückenschlag über 150 Jahre Musikgeschichte so organisch verweben lässt, war spannend zu hören. Henzes Musik scheint für die Philharmoniker eine Herzensangelegenheit zu sein: Mit Leidenschaft spielte das Orchester die Sinfonie.
Julia Gaß
Haltener Zeitung
Foto: DPA
26. Mai 2009
Unfeine »Englische«
Henzes »Der junge Lord« in Dortmund
Was Ingeborg Bachmann für ihren Freund Hans Werner Henze Mitte der 60er Jahre aus der Märchenvorlage von Wilhelm Hauff zum Libretto für den »Jungen Lord« gemacht hat, ist auf den ersten Blick ein derber Schwank aus deutscher Biedermeierprovinz. Auf den zweiten ist es ein Sozialexperiment.
Da macht sich nämlich der exzentrische Engländer Sir Edgar (Hannes Brock) einen Jux daraus, die braven Bürger von Hülsdorf-Gotha vorzuführen. Erst reist er mit großem, exotisch geheimnisvollem Gefolge an, mutet ihnen dann aber zu, lediglich über seinen Sekretär (Simon Neal) mit ihnen zu kommunizieren.
Der Clou freilich ist, dass er ihnen einen dressierten Affen als den jungen Lord Barrat (Jeff Martin) vorsetzt. Der wickelt mit seinem extravaganten Auftreten jenseits jeder Konvention und ein paar antrainierten Goethe-Sätzen die Damen des Salons der Baronin Grünwiesel (Maria Hilmes) und besonders das Fräulein Luise (Martina Schilling) um den Finger. Natürlich sind es die eigenen verdrängten Obsessionen, die man in diesem Lord Barrat zu sehen oder zu fürchten meint ...
So handfest, vital und theaterlebensdrall, witzig und anspielungsreich die Musik von Henze ist und in Dortmund unter der Leitung von Jac van Steen auch durchweg klingt, so vital, sinnlich und souverän ist die Inszenierung der Hausherrin Christine Mielitz. Sie besticht mit einer präzisen, durch die Musik beglaubigten Personenregie. Eine der wenigen komischen Opern der Nachkriegszeit als Vergnügen mit Hintersinn.
Da hat das Damenkränzchen Riesenhüte aus Zeitungspapier (vermutlich Seiten mit der Rubrik »Vermischtes«). Da kommen die Engländer aus einer laserprojizierten Stretchlimousine, wie das Künstlerduo Gilbert & George im Schottenrock. Da sieht der junge Lord aus wie Teeniestar Kaulitz von Tokio Hotel (benimmt sich nur viel schräger). Da stolpert der Kellner über den Dinner-for-One-Löwenkopf. Da kommt die Köchin wie Josephine Baker, im Bananenröckchen, daher, und Sir Edgar spielt mit der Weltkugel den Großen Diktator. Hier eher ein zynischer Experimentator.
Am Ende kommt natürlich heraus, dass der junge Lord selber ein Affe ist. Von wegen feine englische Art. Es gab viel Jubel für pures Opernvergnügen in Dortmund.
Nächste Aufführung: 19. Juni
Roberto Becker
Neues Deutschland
15. Juni 2009
Henzes "Junger Lord" ist ein operettenhafter Spaß
Christine Mielitz bringt die Operette "Der Junge Lord" leicht, modern und spritzig auf die Bühne in Dortmund.
DORTMUND Als "deutsches Lustspiel" hat Hans Werner Henze seine Oper "Der Junge Lord" bezeichnet. "Komische Oper" heißt der Zweiakter beim Verlag.Die Dortmunder Opernchefin Christine Mielitz hat in ihrer Inszenierung aus dem 1965 in Berlin uraufgeführten Werk eine moderne Operette gemacht.
Leicht, spritzig und sehr vergnügt hat sie das "Affentheater" im Dortmunder Opernhaus auf die Bühne gebracht, schüttet ein Füllhorn an Ideen und optischen Turbulenzen aus. So viel zu Gucken und zu Staunen gibt es selten in der Oper. Die Premiere, eine Dortmunder Erstaufführung und die erste Aufführung seit vielen Jahren in NRW, wurde lautstark bejubelt.
Ein Laser auf der Bühne des Dortmunder Opernhauses
Ein Hauptdarsteller ist ein Laser. Er malt Bilder auf die Kleinstadtkulisse, in der die Zeit geistig und in den Charlie Chaplin-Kostümen in den 1920er Jahren stehen geblieben zu sein scheint (Ausstattung: Kaspar Glarner). Sir Edgar (eine stumme Rolle für Hannes Brock) steigt aus einer Laser-Limousine, später fliegen Fledermäuse und Spinnen aus Licht durch das Gespensterhaus, und Luise und Wilhelm singen ihr Liebesduett im Laser-Regen. Die Bühnenbild-Elemente des Lasers nehmen keinen Platz in den Werkstatt-Depots weg, und sind optisch so reizvoll wie ungewohnt auf der Opernbühne.
Christine Mielitz folgt Henzes pointierter Musik
So schnell wie das Licht ist auch das turbulente Treiben auf der Bühne, das im Laufe der sechs Bilder immer verrückter und ausgelassener wird. Burlesk zugespitzt, augenzwinkernd nahe an der Karikatur, hat Mielitz die Szenen üppig bebildert und folgt damit sehr genau Henzes pointierter, fast ohne Zäsur durchkomponierter Musik. Die bringen die Dortmunder Philharmoniker unter der präzisen, straffen Leitung von Generalmusikdirektor Jac van Steen punktgenau und farbig zum Klingen.
Bei der Ruhr.2010, in der Hans Werner Henze im Fokus steht, könnte diese Inszenierung ein Publikumsmagnet werden.
Mit Zitaten überschüttet Henze die Zuhörer. Mielitz greift das auf und zitiert ebenfalls munter. Den Butler, der wie in "Dinner for one" über den Tierfellkopf stolpert, sehen wir. Und dass der junge Lord, der die Bewohner der Kleinstadt als dressierter Affe, als Tier im Adelsgewand, an der Nase herum geführt hat, aber als Star anhimmelt wird, aussieht wie Bill Kaulitz, der Sänger der Teenie-Kultband "Tokio Hotel" ist ein aparter Gag.
Ein Ensemble-Stück mit riesigem Personalaufwand ist der "Junge Lord". Große Arien und Duette gibt es selten. Sie bleiben dem Liebespaar Luise (ausdrucksstark: Martina Schilling) und Wilhelm vorbehalten, das Librettistin Ingeborg Bachmann dem Märchen von Wilhelm Hauff hinzugefügt hat. Jeff Martin gibt den singenden Affen - drei weitere tauchen mit artistischen Einlagen in der schön in Szene gesetzten Zirkusszene auf und schwingen am Kronleuchter.
Henze-Projekt der Ruhr.2010
Bei der Ruhr.2010, in der Henze im Fokus steht, könnte diese Inszenierung ein Publikumsmagnet werden. Es ist schade für jeden, der diesen operettenhaften Spaß nicht gesehen hat.
Julia Gaß - Foto: Menne
Dorstener Zeitung
18. Mai 2009
Tokio Hotel in Hülsdorf - Gotha
In Hans Werner Henzes "Jungem Lord" (1965) ist nicht nur die nachvollziehbare Geschichte, sondern vor allem die Musik immer noch reizvoll. Die emanzipiert sich eher maßvoll von ihrem Herkommen und dient sinnlich kraftvoll einer Handlung, bei der sich die kunstvoll gebauten Ensemble- und Chorszenen nur so überbieten.
In Dortmund lässt Jac van Steen diese Theatermusik par excellence mit einem Schuss Übermut und in allen ihren Anspielungen auf die Musikgeschichte lustvoll aufleben. Und auf der Bühne erzählt Hausherrin Christine Mielitz so souverän wie vital die Story.
In der bringt der exzentrische Engländer Sir Edgar mit einem auf jungen englischen Lord dressierten Affen ein deutsches Provinznest am Anfang des 19. Jahrhunderts aus der Fassung. Der Subtext – das Fremde weckt latente Ressentiments, verführt aber auch – irritiert und wird zur Projektionsfläche für das Verdrängte bigotter Provinzbürger. Das hatte in den vorachtundsechziger Jahren etwas Brisantes.
Über 40 Jahre und etliche Diskurswellen später knüpft die Mielitz dezidiert an der subtilen Doppelbödigkeit der Geschichte an. Da fällt bei ihr eine Meute von Provinzkindern über den schwarzen Diener der exzentrischen Gäste her. Oder: Die Engländer entsteigen einer Stretchlimousine. Selbst der Auftritt des als Lord Barrat präsentierten Affen in der Maske des Frontmanns von Tokio Hotel ist kein bloßer Gag, sondern fügt sich in ein unaufdringlich klares und sinnlich stilisiertes Gleichnis. Bei dem am Ende dieses metaphorische Hülsdorf-Gotha genauso bedeppert dasteht, wie der Zynismus des Engländers entlarvt ist.
In diesem "Jungen Lord" ist die Regisseurin, die in ihren Sturm- und Drang Jahren ja mitunter zum szenischen Overacting neigte, mit so mustergültiger Präzision genau an der Musik, dass es eine Lust ist! Doch wer selbst, wie weiland in Wien, einen Johan Botha als Stolzing zu einer Art Spiel animieren konnte, der beherrscht auch den ins Groteske abdriftenden Auftritt eines ausgeflippten Stars. Selbst wenn der in Wahrheit ein Affe ist. Ungeteilter Beifall in Dortmund!
Aufzählung Oper - Der junge Lord
Von Hans Werner Henze Christine Mielitz (Regie) Oper Dortmund (Tel.: 0049 231/50 27 222) Wh.: 22., 31. Mai; 19. Juni
Joachim Lange
Wiener Zeitung
18. Mai 2009
Nahrung für hungrige Seelen
Hans Werner Henze. Foto: ddp
Dortmund. Für den Komponisten Hans Werner Henze ist moderne Musik mit Sinnlichkeit verbunden. Eine Reihe seiner Werke werden in Dortmund vorgestellt.
Jac van Steen, Chef der Dortmunder Philharmoniker, blickt nicht ohne Begeisterung auf die musikalische Moderne. „Wir sind ein Orchester des 21. Jahrhunderts“, sagt er, und das heißt für ihn, Tradition und Neues miteinander in Beziehung zu setzen. Ein Prototyp dieses Denkens scheint Hans Werner Henze zu sein, „der bedeutendste noch lebende Komponist Deutschlands, wenn nicht gar Europas“, wie es Jac van Steen ausdrückt.
Mutter kam aus Witten
Und so hat sich das Dortmunder Orchester das Ziel gesetzt, in den nächsten Jahren sämtliche Sinfonien Henzes im Konzerthaus aufzuführen, ja sogar, das Gespielte auf CD zu dokumentieren. Henze, dessen Mutter aus Witten stammt, wurde 1926 in Gütersloh geboren, studierte zunächst bei Wolfgang Fortner, später bei René Leibowitz, dem Lehrer für die Zwölftonmusik. Henze indes sah in Strawinsky und Hindemith viel eher seine Vorbilder als in Arnold Schönberg. Mehr und mehr ging der Westfale festem Regelwerk aus dem Weg. Musik war Nahrung für die hungrige Seele, nicht bloß ein raffiniert durchdachtes Konstrukt.
Dieser Anspruch auf Sinnlichkeit schimmert schon in seiner 1. Sinfonie durch, ursprünglich viersätzig für Orchester komponiert (1947), später indes auf eine konzen-triertere, dreisätzige kammermusikalische Fassung reduziert (1963/91). Selbstkritisch sah er sein Original als wenig durchdacht, ja infantil an. Im Rahmen eines Philharmonischen Konzertes haben nun das Dortmunder Orchester und Jac van Steen diese revidierte 1. Sinfonie einem Publikum vorgestellt, das mit großem Beifall reagierte.
Vorgeschmack auf 2010
Ein Grund mag sein, dass die Moderne hier im klassizistischen Gewand erklingt, sehr durchsichtig, mal spielerisch, mal von großer Emotionalität geprägt. Stets ist das Ringen des Komponisten mit der geschichtsträchtigen Gattung Sinfonie zu spüren, gleichwohl verstehen es die Philharmoniker, einen roten Faden im Labyrinth der Klänge und Rhythmen zu verankern. Ein gelungener Auftakt, dem im Mai die 8. Sinfonie und dann, in der Oper, „Der junge Lord“ folgen sollen. Dortmund entpuppt sich damit im Übrigen als Vorreiter der Kulturhauptstadt 2010, die Henzes Werk in großem Stil zu Gehör bringen will.
Martin Schrahn
Der Westen
04.03.2009
BBC NOW/Fischer/Van Steen
Millennium Centre, Cardiff
3 stars / 4 stars
BBC Hoddinott Hall, which opened with a veritable fanfare of concerts on the weekend, promises great things. This extra wing of the Wales Millennium Centre is the much-needed home for the BBC National Orchestra and Chorus of Wales. Its audience capacity of 350 complements ideally St David's Hall, where their large-scale performances will continue. First impressions are of a brilliant clarity of sound and an immediacy that draws the listener right into the music.
If the opening programme was chosen to showcase the quality and versatility of both orchestra and hall, the range was certainly there, yet the combination of Alun Hoddinott (in whose memory the hall is named) Varèse, Holt, Beethoven, Sibelius and Ravel was so disparate as to seem random. Nevertheless, moments of intimacy from pianist Lly^r Williams in Beethoven's Choral Fantasy and Baiba Skride in Sibelius's Violin Concerto were wonderfully memorable. Conductor Thierry Fischer's approach was uniformly thorough while, in the premiere of Simon Holt's St Vitus in the Kettle, he realised the instrumental textures and timbres to scintillating effect.
On the following night, this time under the baton of Jac van Steen, it was further good augury for the partnership of BBC NOW and Holt, their new composer-in-association, that his Troubled Light, the suite premiered at last year's Proms, emerged so lucidly and beguilingly. Preceding the Holt, Henze's Eighth Symphony was delivered with suitably celebratory elan, while the striking opening of Hoddinott's symphonic poem Lizard made it particularly poignant to reflect how, had he lived, he would have relished the challenge of writing for this hall.
Rian Evans
The Guardian,
Monday 26 January 2009
"So viel Dampf hatte ich nicht erwartet"
Halbzeit für Jac van Steen: Die Hälfte seiner ersten Spielzeit als Generalmusikdirektor ist vorbei. Nadine Albach sprach mit ihm über Turbulenzen und Pläne.
Was haben Sie bis jetzt in Dortmund bewegt?
Jac van Steen: Der Gesamttenor des ersten halben Jahres ist, dass das gesamte Haus zeigt: Wir wollen es wirklich gut machen. Ich spüre: Man versucht etwas zu realisieren - mit mir. Das hat sich im Konzert klanglich gezeigt, in der Oper hat sich das in einer sehr guten Tosca gezeigt. Mein erstes Konzert war eine Bewegung in der Stadt: 250 Sänger - das spüre ich noch heute. Das Publikum kommt auf mich zu. Es ist aber auch gesund, ab und zu Distanz zu haben von Dortmund: Ich gastiere immer noch, das gibt Frische, und ich bin etwas mehr in Holland.
Was hat Sie bewegt: Gab es Unvorhergesehenes?
Ich bin gekommen und habe nichts erwartet. Ich fühle mich wohl in Dortmund - aber das kann man nicht erwarten. Überrascht hat mich die komplexe Kommunikationsstruktur. Es kommt was in Bewegung, wo ich spüre, dass ich so viel wie möglich hier sein muss. Das hat damit zu tun, dass das Orchester sehr viel spielt durch die vier von sechs Sparten. Da kochen Sachen hoch, wo das Orchester mit 100 Planstellen locker in bestimmten Gruppen mehr Leute haben könnte, um alles zu bedienen.
Hinzu kommt, dass Ihr Orchester gestreikt hat und weiterhin streikbereit ist. Wie arbeiten Sie damit?
Ich bin kein Freund von Streik, aber jeder hat in unserer Demokratie das Recht - und das ist gut. Das Orchester macht das aus der Überzeugung, dass das Fass übergelaufen ist. Man kann darüber diskutieren, ob man damit einverstanden ist. Aber wenn man im ganzen Land entscheidet, wir machen das, habe ich damit zu leben. Ich muss ehrlich sagen, wenn das Orchester jetzt Freitag in der „Tosca” streikt, wüsste ich nicht, was ich machen soll. Tosca mit Klavier? 80 Prozent des Charmes von Puccini liegt im Orchester.
Sie fordern also mehr Stellen für Ihr Orchester?
Das ist zu direkt. Ich würde sagen, dass man so nicht noch mehr Anspruch auf mehr Dienste erheben kann, weil das der Qualität nicht gut tut. Das Orchester muss so viel spielen – ab und zu brauche ich ein bisschen mehr Zeit.
Das klingt nach einem Defizit in der Planung.
Es gibt viele Elemente, die die Planung so machen, wie sie ist. Wirtschaftliche und politische Faktoren zum Beispiel. Die Politiker erwarten, dass wir fast jeden Abend spielen, dass wir Produktivität in Quantität umsetzen. Wir haben eine Verpflichtung, ein vielseitiges Repertoire anzubieten. Ich denke zwar, man könnte eine Spielzeit auch anders gestalten. Aber jetzt muss ich damit umgehen, wie es ist.
Auch ein Theater hat ein Machtgefüge. Sind Sie ein Machtmensch?
Ich bin ein Mensch, der sich seiner Position bewusst ist. Die deutsche Theaterlandschaft bietet einem GMD Möglichkeiten, etwas zu bewegen. Man kann das Macht nennen. Ich würde Macht interpretieren als Möglichkeit, Ideen zu verwirklichen - und das ist ein schönes Gefühl. Das hat nichts damit zu tun, anderen Leuten keine Chance zu geben. Es geht darum, andere auf ein Level zu bringen, auf dem sie ihr Bestes leisten können.
Kulturdezernent Jörg Stüdemann hat einen Notfallplan für den Fall, dass Christine Mielitz geht: Dann sollen Sie die kommissarische Leitung der Oper übernehmen.
Die Frage hat mich nie erreicht. Wenn sie mich erreichen würde, würde ich das in dem Moment ruhig in Betracht ziehen. Bis jetzt ist das nicht geschehen, also kann ich nicht mehr dazu sagen.
Was sagen Sie zu der Stimmung am Musiktheater?
Es kostet viel Energie bei meinen Kollegen. Wir sind mit einem Ziel ans Theater gekommen und es ist schwierig, das im Auge zu behalten. Ich fände es schade, wenn in einem Qualitätshaus und in einer Qualitätsstadt Energie verschwendet wird. Ich kann helfen, indem ich ein offenes Ohr habe. Ich stelle fest, dass die Stimmung nicht erst so ist, seitdem ich gekommen bin. Ich bin dafür, dass das Ventil geöffnet wird. Aber das so viel Dampf dabei rauskommt, hatte ich nicht erwartet. Die ganze Geschichte, jetzt zum so und sovielten Male hochkocht, hat eine Historie. Ich bin froh, dass ich davon nicht wusste. Jetzt kann ich spontan reagieren und auf allen Ebenen Gesprächen führen.
Eine Erwartung an Sie war, dass Sie auf einer Ebene mit Frau Mielitz arbeiten.
Die Arbeit mit Frau Mielitz ist perfekt. Wir diskutieren, wir haben Ideen. Warum das so ist, weiß ich nicht. Ich stelle nur fest, dass nicht jeder das Gefühl hat, das ich habe. Und das ist die Untertreibung des Jahres. Ich sehe zwei Seiten: Ich sehe meine Kollegen, die Probleme haben und auf die Barrikaden gehen. Und ich sehe unsere Arbeit, die auf professionellem Level stattfindet. Ich versuche, zu kommunizieren - wünsche mir aber für das neue Jahr, wieder über die nächste Spielzeit und die Kunst zu sprechen.
Nadine Albach
Der Westen
08.01.2009
O Tumult and Visions!
Moments of brilliance: Barbara Hannigan in the Konzerthaus
After the rehearsals, we decided to rearrange the programme, said the conductor Jac van Steen in a short speech in the Konzerthaus on Friday. Instead of the originally scheduled Debussy, Benjamin Britten's Rimbaud cycle "Les illuminations" now concludes the evening with the Konzerthausorchester. For what Barbara Hannigan does then, said van Steen, is truly the crowning finale.
It is unusual for a conductor to evaluate his own concert beforehand. But van Steen was proven right - actually, it was an understatement: This finale was pure delight, a colourful musical brilliance, an enigmatic and intimate epiphany.
With Debussy's "Nuages" and "Fêtes" from "Nocturnes" the concert had already reached new heights.
Van Steen's sober appreciation of form fits this music well, in which each note must be heard: the rhythmic precision with which the cor anglais presents its complex, syncopated motif in "Nuages" seems as carefully done as a brushstroke by Manet.
Then Barbara Hannigan waltzed in wearing a shimmering, cobalt blue satin gown, curtsied gracefully, her dress swirling around her like a water lily, and began to sing. Hannigan is an exception, one of the few heroes who prevent a lightning bolt from heaven from shattering the crumbling "classical music business": a singer blessed with an amazing soprano voice and full artistic incorruptibility, devoted with equal intensity to baroque and modern music.
Glittering detours and the finest nuances characterised her performance of Britten; a single example must suffice to portray the finesse that she together with van Steen brought out as if transformed into all the shades of the shimmering string instruments of the Konzerthausorchester: at the line "Les sauvages dansent sans cesse la Fête de la Nuit", her voice so closely resembled the frenetic swirl of pizzicati and string instrument notes, it was as if all verbal thoughts and meanings dissolved into an excess of pure sound through "the savages dance ceaselessly the festival of the night". What a singer! Or to quote Rimbaud: "O Rumeurs et Visions!" - O Tumult and Visions!
Wolfgang Fuhrmann
Berliner Zeitung
1.12.2008
Philharmonisches Konzert in Dortmund:
Bruckners "Sechste" steckte voller Energie
Jac van Steen dirigierte die Dortmunder Philharmoniker.
DORTMUND - Jedes Jahr eine Bruckner-Sinfonie, hat der Dortmunder Generalmusikdirektor Jac van Steen dem Publikum der Philharmonischen Konzerte versprochen. Er begann am Montag im Konzerthaus ausgerechnet mit dem sinfonischen Stiefkind des Spätromantikers: der sechsten und kecksten Sinfonie, einem selten gespielten Werk.
Keine sinfonische Kathedrale ist die mit knapp unter einer Stunde Spieldauer kürzeste Sinfonie des Österreichers. Wie kammermusikalisch fein sie ausgearbeitet ist, zeigte der hellwache, sehr präzise van Steen am Pult - aber auch, wie viel ein Orchester an dieser Sinfonie arbeiten muss. Die Momente, in denen er (auch im Seelenfrieden des Adagios) Klänge ballte und energiegeladen explodieren ließ und vorher in kammermusikalisch feinen Linien klug eine glimmende Zündschnur legte für das Klangfeuer, hatten die größte Wirkung.
Musik klang faszinierend farbig wie ein altes Kirchenfenster
In der Sinfonischen Meditation von Messiaen zu Beginn war das noch anders. Da breiteten die Streicher in der "Eucharistie" mit einem konzentrierten, feinfühligen Spiel mit wenigen Bogenhaaren zarte Klänge von hoher Tonkultur aus. Und in der "Sünde" nahm das Orchester Messiaens Vortragsanweisungen "verzweifelt, atemlos und grausam" sehr wörtlich. Aufregend und farbig wie ein bunt schillerndes Kirchenfenster ließ van Steen diese noch spätromantische Musik des Franzosen klingen.
Eingerahmt von den sinfonischen Entdeckungen war das Bonbon: kein Solokonzert, statt dessen Schuberts "Unvollendete", deren ruhigen Fluss van Steen auch mit explosiven Klängen würzte.
Julia Gaß
Rürh Nachrichten
21. Oktober 2008
Photo: Konzerthaus Dortmund
Tödliches Ringen: „Tosca“ in Dortmund
Blutiges Ende einer brutalen Auseinandersetzung: Die gedemütigte Sängerin Floria Tosca (Annemarie Kremer) ersticht den gewalttätigen Polizeichef Scarpia (Simon Neal).
Dortmund - Eine derartige Begeisterung nach einer Premiere hat es im Dortmunder Opernhaus lange nicht gegeben. Standing Ovations, frenetische „Bravi“, etliche Vorhänge – die Komplimente galten Puccinis „Tosca“ und ihrer Regisseurin Christine Mielitz.
Die Intendantin des Opernhauses legt eine Interpretation vor, die sich auf die Titelheldin konzentriert, sich nicht zu platten politischen Anspielungen verführen lässt. Hier geht es um die Tragödie einer leidenschaftlichen Frau, die hin- und hergerissen wird zwischen zwei Männern, zwischen Kunst und Staatsmacht, Liebe und Hass. Mühlsteine, die die Sängerin Floria Tosca schließlich zermahlen.
Säulen aus Metall bestimmen Frank Fellmanns Bühne, variabel in ihrer Größe, verschieb- und versenkbar. Mal schimmern sie in anheimelndem Messington, dann wieder fahl und kalt: mal Kirche, mal Palazzo, mal Gräberfeld – zugleich das Gefängnis für die drei Protagonisten, von denen keiner das brutale Geschehen um Macht und Unterwerfung überleben wird.
Wie bei Christine Mielitz gewohnt, gibt es viel Bewegung auf der Bühne. Dennoch ist ihre Tosca ein Kammerspiel mit Bildern und Szenen von großer Intensität. Gerade das Ringen der Tosca mit dem brutalen Scarpia im zweiten Akt, dieser Kampf um Selbstachtung oder Unterwerfung, der blutig endet, ist in jeder Sekunde spannungsgeladen. Da ist keine Geste, keine Bewegung dem Zufall überlassen. Und Mielitz kann sich hier auch auf ihre Darsteller verlassen. Simon Neal ist ein Scarpia, wie er brutaler nicht sein kann: offen grausam und auch voll Tücke. Neals dunkler Bariton verströmt Kälte und scheinbare Überlegenheit.
Annemarie Kremer gelingt es, auch darstellerisch, den facettenreichen Charakter der Tosca zu beglaubigen. Jede Gefühlsregung kommt da über die Rampe. Ihre „Vissi d’arte“- Arie gestaltet sie sehr sensibel. Blasser bleibt da Luis Chapa als Maler Cavaradossi. Seinem schönen Tenor fehlt es noch an Farben und reicher dynamischer Gestaltung.
Die Dortmunder Philharmoniker finden unter ihrem neuen GMD Jac van Steen zu neuem Glanz als Opernorchester. Van Steen differenziert Puccinis Klangwelten, macht sie durchhörbar, lässt aber nirgends Emotionen vermissen. Nächste Aufführungen: 2., 9. und 17. Oktober.
Chr. Schulte in Walde
Zeitingsgruppe Münsterland, 30.09.2008
Foto: Theater Dortmund
Liebe in Zeiten der Diktatur
Leidenschaft bis in den Tod: Annemarie Kremer (Tosca) mit Simon Neal als Scarpia.
Dortmund. Am Dortmunder Opernhaus hat Intendantin Christine Mielitz Giacomo Puccinis Oper „Tosca“ inszeniert. Jac van Steen, der neue Chef am Dirigentenpult, lenkt die Philharmoniker mit unglaublicher Präzision.
Eine Liebe in Rom, in Zeiten der Diktatur der Habsburger. Mario Cavaradossi und Floria Tosca – Leidenschaft zweier Künstler, die eines Tages, als die Revolution naht, in die Welt des Politischen hineingezogen werden. Der Dienst an der Kunst entpuppt sich als schöner Schein, das wahre Leben bedeutet Eifersucht, Qual, Tod. Am Ende von Giacomo Puccinis „Tosca“ haben nur noch die Namenlosen und einige Randfiguren ihr Leben behalten. Sonst ist alles dahin: erstochen, füsiliert, selbst entleibt.
„Tosca“ ist noch immer ein Schocker. Victorien Sardous Stoff, aus dem die Albträume sind, verträgt keine Stilisierung. Rohheit, Kälte, nackte Gewalt beherrschen das Feld.
Die Liebe – kaum mehr als ein Wort. Und so macht sich die Dortmunder Opernchefin Christine Mielitz in ihrer Inszenierung daran, Leidenschaften als oftmals affektiert zu deuten. Aber Menschen, die verfolgt sind, gehetzt, gefoltert oder auch schäbig begehrt, sind ihre Welt. Auf der Bühne ist das oftmals große Kunst. Die Botschaft aber scheint: Am Ende, mit Toscas Liebestod, hat die Politik über das Schöne, Wahre, Gute gesiegt.
Mielitz versagt sich weitgehend eine Modernisierung, wenn man von Scarpias Schaltzentrale mit Laptop und Handy absieht. Es sind Gegenstände mit bestenfalls symbolischen Charakter. Entscheidende Deutungsmacht sind die mächtigen, schrundigen, teils in unheimlich güldenem Licht glänzenden Stahlträger. In ihrem Realismus schaffen sie es einerseits, etwa Kirchenbänke zu stilisieren. Andererseits wirken sie wie Grabstelen – stumme Zeugen eines mörderischen Regimes. Frank Fellmanns Bühnenbild gewinnt eine die drei Akte überspannende Dichte, die weit über Bebilderung hinausgeht.
Lichteffekte, Folter auf offener Szene, eine weiße, kalte Zelle für den Gefangenen Caravadossi tun ein übriges, das Publikum zu bannen. Überstrahlt wird alles von dem, was Julius Korngold einmal als Folterkammermusik bezeichnet hat. Denn manche zeitgenössische Kritik an diesem veristischen Reißer betraf vor allem die Klänge, die aus dem Orchestergraben tönten. Die Arien, nicht gerade bestimmendes Merkmal der Oper, sah etwa der große Oskar Bie als bloße Opfergabe für den Moloch der Kinodramatik.
Nun, dass hier Puccini in der Zeichnung des fiesen Scarpia mit bruitistischen Schlägen arbeitet, ist nicht zu leugnen. Gleichwohl tat sich der Komponist schwer, diesem Melodram alles süffig Melodische zu entreißen. Und liegt nicht der Reiz gerade in diesen absoluten Gegensätzen? An diesem Abend jedenfalls gibt es keinen besseren Kronzeugen dafür als Jac van Steen.
Der neue Chef der Dortmunder Philharmoniker dirigiert mit einer derart punktgenauen Zeichengebung, die gleichermaßen Orchester, Chören und Sängern gilt, die mit unglaublicher Präzision des Spiels belohnt wird. Darüberhinaus besticht eben das leidenschaftliche glutvolle Melos ebenso wie fahles Klangkolorit und das wuchtige Dreinschlagen der Akkorde.
Das Ensemble leistet sich, ganz im Sinne eines fast schon plakativen Realismus, ein Spiel der Entäußerung. Luis Chapa als Caravadossi: anfangs ein wenig naiv wirkend, später trotzig aufbegehrend – mit raumfüllenden Tenor, vielleicht mit einigen Schluchzern zuviel. Dann Simon Neal – der Baron Scarpia: kalt, laut, schneidend, weitgehend sicher intonierend – wenn auch manche Facette wie verschlagenes, ölig schmeichelndes Umgarnen der Tosca zu kurz kommt.
Floria Tosca wiederum: in Gestalt von Annemarie Kremer eine Hochdramatische, die Stimme getragen von glühender Emphase, feinen Zwischentönen, bisweilen bewusst eingesetzter Schärfe. Oper, derart präsentiert, macht Mut. Die Kunst lebt, auch wenn sie im Stück den Heldentod stirbt.
Martin Schrahn
Der Westen, 29.09.2008
Foto: Rudolf Finkes
Christine Mielitz' "Tosca" feierte eine umjubelte Premiere
Puccinis Drama überlebt keiner der drei Liebenden: Tosca (Annemarie Kremer) weint um Cavaradossi (Luis Chapa).
DORTMUND - Melodram hat Puccini seine Oper "Tosca" genannt. Melos hört man in Christine Mielitz' Inszenierung in der Dortmunder Oper wie in einem Rausch. Aber in erster Linie ist diese "Tosca" ein unerbittliches, packendes Psychodrama.
Stehend mit Ovationen gefeiert hat das fast ausverkaufte Haus am Samstag die Premiere, die großartige Inszenierung und die glänzende musikalische Umsetzung. Die drei Hauptsolisten, Anne marie Kremer (Tosca), Luis Chapa als Maler Cavaradossi und Simon Neal als Teufel Scarpia, sind ein Glücksfall wie auch der neue Generalmusikdirektor Jac van Steen, der die Philharmoniker Puccini mit viel Kraft, aber auch mit Gespür für zarte Linien spielen lässt und mit seinem Dirigat ganz nah bei den Sängern war.
Folter im Glaskasten
Mielitz und van Steens Tosca könnte Scarpia heißen. Der Polizeichef mit der schwarzen Seele ist Zentrum der aktionsreichen Inszenierung und Spiegel der mächtigen Klänge. Erst wenn Scarpia erscheint, hebt sich der schwarze Gaze-Vorhang; nach seinem Tod fällt er wieder. Die Unerbittlichkeit von Macht zeigt die Opernintendantin schonungslos. Das gipfelt in der Folterszene.
Auf offener Bühne, im Glaskasten, wird Cavaradossi mit einem Wasserschlauch gequält. Schockierend fürs Publikum sind die Bilder nicht, aber sie machen Toscas Angst und wachsende Wut deutlich. Die neue Bühnentechnik reizt Mielitz mit dem Spiel auf mehreren Ebenen aus. Versatzstücke erinnern an ein Malergerüst und prächtige Kirchenarchitektur.
Kraft und Macht
Annemarie Kremer zeigt die Sängerin Tosca, die "ungebändigte Katze mit dem himmlischen Gesang", als naives, unschuldiges Mädchen. Als Mensch, der am Schluss Macht und Mut zum Morden hat, als Engel, der gegen den Teufel Scarpia kämpft. In Dortmund stirbt Tosca auch; anders als in Mielitz' Essener Tosca. Anrührend ist Kremers lyrische Zartheit, ihr Gebet "Der Schönheit weiht ich mein Leben" ist Belcanto in Reinkultur.
Luis Chapa ist als Cavaradossi auch eine Idealbesetzung. Sein Tenor hat die größere Kraft, um Dramatik zu vermitteln, der Mexikaner lässt aber mit zarten Tönen auch in die sensible Seele des Malers blicken. Weltentrückt schön ist seine große Abschiedsarie. Simon Neal, in Dortmund ein Schurke vom Dienst, ist darstellerisch wie stimmlich ein energischer Schuft mit tollem Macho-Bariton. Diese Tosca hat die Kraft und Macht wie in Essen elf Jahre auf dem Spielplan zu faszinieren.
Julia Gaß
Ruhr Nachrichten, 28.09.2008
Foto: Dieter Menne
Zwei Liebende im Räderwerk der nie endenden Unterdrückung
Annemarie Kremer und Luis Chapa in Christine Mielitz' bejubelter Dortmunder Tosca-Inszenierung.
Dortmund. "Die Stimmung der Tosca ist nicht romantisch und lyrisch, sondern leidenschaftlich, qualvoll und düster." So sieht Giacomo Puccini seine Oper selbst, sein eminent politisches, grausamstes, am stärksten dem Stück, das auch musikalisch mit seinen Klangexzessen am weitesten der Moderne zuneigt.
Christine Mielitz bringt den Opern-Thriller von zwei der Kunst und der Liebe lebenden Menschen im Räderwerk eines rigorosen Politapparates nun auf die Dortmunder Opernbühne - mit ungeschminkter Brutalität, in einer grellen ort- und zeitlosen Darstellung. Sie könnte überall und immerfort geschehen.
Mit dem neuen Generalmusikdirektor Jac van Steen gab es eine intensive Zusammenarbeit, die ein spannendes Resultat erbrachte. Szene und Musik ergänzten sich ideal, trieben sich gegenseitig in packende hochdramatische Steigerungen, in wirkungsvollen Spielfluss und auch ruhige Inseln intensiver Gefühlsäußerungen. Das Publikum quittierte das mit überschwänglichen Ovationen, begrüßte den neuen Chef aber auch bereits zu Beginn mit herzlichem Beifall.
Frank Fellmann baute ein Bühnenbild aus metallisch blinkenden beweglichen Teilen, die zu Säulen und Begrenzungen taugen, aber auch zu Interieurs, bisweilen auch den Raum unnötig zustellen. Er teilt die Szene in zwei Ebenen und deutet so die gefährliche Doppelbödigkeit des Stücks an, die Zerrissenheit seiner Protagonisten. Da ist die Sängerin Tosca, die aus der Welt des Theaters in eine grässliche Realität geworfen wird, Cavaradossi, der Maler, der einem unerbittlichen Machtapparat zum Opfer fällt, Scarpia, der machtvolle Polizeichef mit einer sexuellen Obsession.
Mielitz scheut sich nicht, die Folterungen des Cavaradossi auf der Bühne sichtbar zu machen, die fürchterliche Dramatik des zweiten Aktes und die finale Erschießungsszene unerhört realistisch zu schildern, die Situation der Figuren ins fast Unerträgliche zu vertiefen.
Die Sänger waren bei ihr, aber auch bei van Steen gut aufgehoben. Der Dirigent gab ihnen zuverlässige, exakte Zeichen und sorgte für gute Balance von Orchester und Bühne. Mit breiten Tempi, aber auch dramatischer Emphase, unterstützt von den inspirierten Dortmunder Philharmonikern mit ihren hervorragenden Bläsern, realisierte er diese plakative, aus der Leitmotivik entwickelte Musik, verdeutlichte die Kontraste von greller Klangekstase und lyrisch-melodischem Charme, kostete genussvoll die Schönheit des italienischen Fluidums aus.
Umjubelt wurde vor allem Annemarie Kremer als Tosca. Mit kraftvoller Sopranstimme umriss sie überzeugend die "Entwicklung" ihrer Partie: Jung, von naiver, kindlicher Eifersucht getrieben, reift sie zur leidenden und "handelnden" Persönlichkeit und wird zur Mörderin an ihrem Peiniger. Ein besonderer Regie-Gag: sie tritt im ersten Akt im Kostüm der "Butterfly" auf. Die komponierte Puccini erst einige Jahre später!
Der Mexikaner Luis Chapa singt den Cavaradossi mit einem schmeichelnden emotionsgeladenen Tenor von italienischem Timbre, findet interessante Farben und Nuancen. Die große Arie im dritten Akt überwältigt mit unerhörtem Leidensdruck und gewinnender Sensibilität.
Simon Neal ist für die brutale Figur des Polizeichefs Scarpia fast eine Spur zu sympathisch. Er muss mit seiner schönen weiträumigen Baritonstimme und seiner Spielgewandtheit um Bösartigkeit ringen. Bart Driessen gibt dem Mesner starkes Profil, Marko Spehat spielt behende den verfolgten Angelotti. Chor (Granville Walker) und Kinderchor (Chorakademie Doretmund) bringen Beweglichkeit und Stimmglanz ein. Auch das Motto des Abends, bildkräftig, plastisch, ins Mark treffend realisiert, brachte der Komponist einst selbst auf den Punkt: "Jetzt wollen wir grausam sein".
Termine: 2., 9., 17.10, 2.11, Karten Tel. 0231 50 27 222
Sonja Müller-Eisold
Der Westen, 28.09.2008
Foto: Rudolf Majer-Finkes
Macht und Unterwerfung
Säulen aus Metall bestimmen die Welt, variabel in ihrer Größe, verschieb- und versenkbar. Frank Fellmann schuf das Bühnenbild für Puccinis „Tosca“ in der Dortmunder Oper. Und die Säulen schimmerten mal im warmen Licht in anheimelndem Messington, aber auch fahl und kalt: mal Kirche, mal Palazzo, mal Gräberfeld - Säulen als Rahmen für das Drama um die Sängerin Floria Tosca, zugleich das Gefängnis für die drei Protagonisten, von denen keiner das brutale Geschehen um Macht und Unterwerfung überleben wird.
Hausherrin Christine Mielitz inszeniert höchstpersönlich. Wie gewohnt gibt es bei ihr viel Bewegung auf der Bühne. Dennoch ist ihre Tosca ein Kammerspiel. Mielitz konzentriert sich auf die Titelheldin, lässt sich nicht zu platten, politischen Anspielungen verführen. Hier geht es um die Tragödie einer leidenschaftlichen Frau, die hin- und her gerissen wird zwischen zwei Männern, zwischen Kunst und Staatsmacht, Liebe und Hass. Mühlsteine, die die Sängerin schließlich zermahlen.
Ganz zu Beginn deutet Mielitz an, was später passieren wird. Tosca erscheint im Bühnenkostüm jener Butterfly, die vor knapp vier Jahren in der Dortmunder Oper zu erleben war: Butterfly und Tosca, zwei unterschiedliche Puccini-Frauen voller Stolz. Doch sowohl Tosca als auch die hingebungsvolle Butterfly werden durch Männer vernichtet.
In dieser Inszenierung gelingen Bilder und Szenen von großer Intensität. Gerade das Ringen der Tosca mit dem brutalen Scarpia im zweiten Akt, dieser Kampf um Selbstachtung oder Unterwerfung, der blutig endet, ist in jeder Sekunde spannungsgeladen. Da ist keine Geste, keine Bewegung dem Zufall überlassen. Und Mielitz kann sich hier auch auf ihre Darsteller verlassen. Simon Neal ist ein Scarpia, wie er brutaler nicht sein kann: offen grausam und auch voll Tücke. Neals dunkler Bariton verströmt Kälte und scheinbare Überlegenheit.
Annemarie Kremer gelingt es, auch darstellerisch, den facettenreichen Charakter der Tosca zu beglaubigen. Jede Gefühlsregung kommt da über die Rampe. Ihre „Vissi d’arte“- Arie gestaltet sie sehr sensibel. Die niederländische Sopranistin muss für ihre Tosca die Grenzen ihrer stimmlichen Möglichkeiten ausloten - tut dieses aber mit Erfolg. Blasser bleibt da Luis Chapa als Maler Cavaradossi. Seinem schönen Tenor fehlt es noch an Farben und reicher dynamischer Gestaltung.
Bravourös dagegen Bart Driessen, der als Mesner mit kernigem Bass keinen Hehl daraus macht, dass ihm dieser Cavaradossi suspekt ist. Marko Spehar meistert beide Rollen, die des Cesare Angelotti und die des Sciarrone; Hannes Brock macht sich bestens als Spitzel Spoletta. Für die Massenszenen sind der Opernchor des Theaters sowie der Kinderchor der Chorakademie Dortmund stimmlich bestens gerüstet.
Die Dortmunder Philharmoniker finden unter ihrem neuen GMD Jac van Steen zu neuem Glanz als Opernorchester. Van Steen differenziert Puccinis Klangwelten, macht sie durchhörbar, lässt aber nirgends Emotionen vermissen. Die Begeisterung des Publikums im sehr gut gefüllten Dortmunder Opernhaus kennt schier keine Grenzen – ein Saisonauftakt, wie er schöner nicht hätte sein können.
Thomas Hilgemeier
Opernnetz, 28.09.2008
Antrittskonzert war ein packendes “Furiosum”
Mit einem musikalischen “Furiosum”, Dvoraks 6. Sinfonie, hat Jac van Steen am Montag sein Antrittskonzert als Generalmusikdirektor der Dortmunder Philharmoniker eröffnet. Ein “Furiosum” war der ganze Abend im Konzerthaus. Es glühte und brodelte im Orchester, auf der vorderen Stuhlkante musizierten die Philharmoniker mit so viel Verve und Musikalität, wie man es lange nicht gehört hat.
All das, was sich van Steen von dem Orchester wünscht, Begeisterung, Genauigkeit und Klangkultur, zeigten die Philharmoniker in der Sinfonie, vor allem im ersten Satz. Noch etwas mehr Ruhe und Ausgeglichenheit im Klang hätte man sich im langsamen Satz und dem Trio vorstellen können – Kleinigkeiten, denn dieser Dvorak klang in erster Linie nach Freude und viel Musizierlust.
Van Steen ist der Muntermacher am Pult.
Ein ruhiger, aber emotionaler Dirigent, der mitreisst, dem man beim Dirigieren gerne zuschaut und ihm ansieht, dass er geniesst, was er tut. Und was er hörte. Begeistert hat er auch das Riesenchor von 250 Sänger aus sieben Dortmunder Chören in Dvoraks “Te Deum”. Zu einem gewaltigen Klangmonument, stark wie eine Festung, machte der Niederländer das Werk, das Dvorak auch als Antrittswerk komponiert hat: für sich selbst als Chef des New Yorker Konservatoriums. Zu welchen Höchstleistungen man Laienchöre bringen kann, wie kontrolliert Rausch klingen kann, hat van Steen gezeigt.
Ruhr Nachrichten, Julia Gass 17.9.2008
Dortmunds neuer Generalmusikdirektor offiziel im Amt
Jac van Steens furioser Einstieg
Endlich ist er “richtig”da. Jac van Steen leitete das erste Saisonkonzert der Dortmunder Philharmoniker als neuer Generalmusikdirektor der Stadt Dortmund. Mit grossem Erfolg, Enthusiasmus und einem attraktiven wie auch ungewöhnlichen Programm.
Aber der “Neue” ist in Dortmund längst kein Unbekannter mehr. Als Gast und designierter GMD hat er bereits in mehreren Konzerten und Opern das Vertrauen der Musiker, des Ensembles und des Publikums gewonnen. Der “offizielle” Auftritt reihte sich so ganz natürlich in die schon bestehende Kette seiner Arbeit ein. Und war zugleich spektakulär.
Denn Jac van Steen ist daran gelegen, in Dortmunds Musikleben Kontakte zu knüpfen, die Zusammenarbeit mit anderen musikalischen Einrichtungen zu pflegen. Und so lud er gleich für diesen ersten Konzertabend vier Dortmunder Chöre zur Mitarbeit bei Dvoraks “Te Deum” für Sopran, Bariton, gemischten Chor und Orchester ein, das zum klangmächtigen Hohepunkt wurde.
Zusammen mit den Theaterchören standen mit dem Kammerchor, dem Oratorienchor, dem Schubertchor und dem neuen Chor an St. Patrokli insgesamt 250 Sänger auf der Bühne, ebensoviele wie bei der Uhraufführung des Werkes 1892 in New York.
Van Steen führte diesen Chor zu gewaltigen Klangäusserungen, konnte ihn aber auch im Wechselspiel mit den Solisten Lydia Skourides und Mario Hoff zu erstaunlichen feinen Pianotönen modellieren – von der feierlich jubelnden Stimmung des Beginns über intensieve Flehen der Gläubigen um ewiges Leben zum rauschhaft gipfelnden Alleluja.
Auch zuvor beschäftigte sich van Steen mit Dvorak. Mit dem glänzend disponierten Orchester musizierte er die 6. Sinfonie mit emotionalen Steigerungen, mit Sinn für ihr böhmisches Kolorit, ihre rytmischen Rasffinessen, ihre weiten melodischen Bögen. Und mitten ins Programm setzte er ein klassiches Juwel: Mozarts “Krönungskonzert” [] Viel Beifall für einen hoffnungsvollen, inspirierten Start in die Spielzeit!
Westfälische Nachrichten – Sonja Müller-Eisold 17.09.2008
..... Unter der musikalischen Leitung von Jac van Steen ist es dem Orchester Musikkollegium Winterthur gelungen, die reiche Vielfalt an klanglichen, dynamischen und hörperspektivischen Nuancen herauszuarbeiten, und dennoch dem Cornet einen einzigen ‘stream of consciousness’ (Rilke schrieb das Werk in einer Nacht!) zu geben.
..... der wunderbar ausponderierten Orchesterarbeit unter Jac van Steen.....
Klassik.com 01.09.2008
Letztes Philharmonisches Konzert der Saison in Dortmund glänzte
DORTMUND - Ausgerechnet die Sinfonie, die Bruckner unter dem Eindruck des Todes des von ihm verehrten Wagner schrieb, ist eines seiner optimistischsten Werke. Der designierte Dortmunder Generalmusikdirektor Jac van Steen machte die 7. Sinfonie im letzten Philharmonischen Konzert im Dortmunder Konzerthaus zu einem Monument aus Klang und Spannung.
Van Steens Bruckner hatte Größe, nicht nur äußere, vor allem innere, eine enorme Stringenz und immense Spannung bis zum Schlussakkord. Glänzendes Blech (mit vier Wagner-Tuben) hörte man nicht nur im Trauermarsch für Wagner, den van Steen flott und nicht übertrieben weihevoll anlegte - mit dem viel diskutierten Beckenschlag und Triangel, die Bruckner gestrichen haben wollte. Auch Streicher, die wie aus einem Guss spielten, und vorzügliche Holzbläser zeigten, dass das Orchester auf einem sehr guten Weg ist.
Mit der Aufstellung experimentiert van Steen noch. Seiner Vorstellung, den Klang wie die Register einer Orgel aufzufächern, kam die Aufstellung mit gegenübersitzenden Geigengruppen entgegen. In jeder Saison will van Steen nun eine Bruckner-Sinfonie spielen. In der nächsten Spielzeit ist es die Sechste.
Liebeshochzeit
Vorangestellt hatte er das Konzertstück für Cello und Orchester von Ernst von Dohnányi, in dem die Philharmoniker Begleitkultur zeigen konnten. Solist Alban Gerhardt, einer der renommiertesten deutschen Nachwuchcellisten, hatte am Montag anfangs Probleme mit dem Stachel seines Instruments, das er sehr flach hielt und das wegrutschte. Lyrisch, mit viel Vibrato spielte der 29-Jährige das romantische Werk und fand in der Streichergruppe die besten Korrespondenzen zu seinem warmen Ton. Als Zugabe bedankte sich der Berliner mit einem Duett mit der Dortmunder Solocellistin Franziska Batzdorf.
Ab August ist Jac van Steen nicht mehr nur designiert, sondern Generalmusikdirektor. Für das Orchester scheint dies endlich eine Liebeshochzeit zu sein. Bleibt zu hoffen, dass der Enthusiasmus anhält, wenn die Flitterwochen vorbei sind.
Rurh Nachrichten
Julia Gaß
10. Juni 2008
Musicweb International, Seen & Heard review
Berkeley, Sibelius: Valdine Anderson (soprano), Roderick Williams (baritone), avid Goode (organ), BBC National Chorus of Wales, BBC National Orchestra of Wales / Jac van Steen (conductor), St. David’s Hall, Cardiff, 22. 5.2008 (GPu)
Michael Berkeley, Organ Concerto, Sibelius, Symphony No. 7
.................. In the course of the piece Berkeley produces many fascinating textures, combining the organ with different instrumental groupings, amongst them being striking passages for trumpet and organ, organ and percussion, organ and violins. Juxtaposing passages of turbulent dissonance with more lyrical, more diatonic writing (especially in some lovely passages for the violins), this a fine, cohesive work, brought vividly to life by the playing of David Goode and the alert, thoughtful conducting of Jac van Steen, meticulously attentive to detail but always thinking also of larger questions of shape.
In a pre-concert talk – given in an accomplished double-act with Ian McEwan – Berkeley spoke of the Sibelius Seventh as “a favourite piece”. So, given that Jac van Steen has shown himself to be an accomplished Sibelian in the past, there was obvious logic in including the piece on this programme – though it might be thought that a work by a composer with a more obvious influence on the younger Berkeley (his father? Lutoslawski?) or, indeed, a third work by Berkeley himself, might have made even more sense.
Still, one needs no excuse to justify a performance of this remarkable work, certainly one of the high points of the twentieth-century symphonic repertoire. What we got to hear was a good, if not quite great, reading of this remarkable one movement distillation of Sibelius the symphonist. The rising C major scale which prefaces the opening adagio section didn’t perhaps have quite the weight and solemnity that it ideally bears. This seventh was not, in some respects, the work that Cecil Gray in his 1931 volume Sibelius (written therefore, within a few years of the work’s composition) described as a work “of a lofty grandeur and dignity, a truly Olympian serenity and repose”.
While Gray’s interpretation needn’t, of course, hold any absolute value, any monopoly on Sibelian truth, it does perhaps hint at dimensions that were perhaps absent, or underplayed in this performance. Jac van Steen’s reading was more intimate than Olympian, a reading which seemed to hint at the problems of the composer’s personality and family circumstances more than it evoked “lofty grandeur and dignity”. It’s an interesting approach and it bore real dividends; but at times the tension seemed to slacken and the reading seemed to carry far more conviction in some parts of the work than others. The first entrance of the famous trombone theme, accompanied by turbulent chromatic strings worked particularly well. So, too, did the shimmering string writing at the work’s close.
May 2008
Staatsorchester Rheinland-Pfalz, Ludwigshafen
Expressive Klangkraft
Der Dirigent Jac van Steen, 1956 in Eindhoven geboren und demnächst GMD in Dortmund, ist bisher als engagierter Interpret der Moderne von Matthus, Reimann bis Frank Martin hervorgetreten. Mit der fünften Sinfonie in B-Dur op. 100 von Sergej Prokofjew gelang ihm mit der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz eine spannende, emotional mitreißende Wiedergabe. Der bei Prokofjew so sprunghafte Wechsel zwischen ironischer Zuspitzung, Aggressivität und pompösem Pathos wurden exzellent ausbalanciert. Dass der Komponist das Werk im Kriegsjahr 1944 geschrieben hat, war zu spüren in der Spannung zwischen Düsternis und der Flucht in die Burleske.
Den Kopfsatz hielt van Steen im ruhigen Fluss der Harmonien, betonte die Farbigkeit der Holzbläser und formte einen monumental breiten Ausklang. Furios in seinen Rhythmen fegte das Scherzo dahin, angetrieben von der tänzerisch beschwingten Klarinette. Das Adagio führte in langsamer Steigerung in den Trauermarsch mit schönem Bläserklang. Elektrisierend im Schwung gelang das Schlussrondo.
Im gleichen Jahr 1944 hatte auch Igor Strawinsky sein Scherzo à la russe zunächst als Filmmusik für eine Jazzband entworfen. Rhythmisch zackig mit seinen folkloristischen Petruschka-Anklängen konnten sich in dieser Petitesse Schlagzeug und Bläser profilieren. Viel Beifall für diesen Abend der russischen Musik.
Allgemeine Zeitung Mainz, 6. April 08
Geistvolle Musik und emotional betontes Spiel
Eine beeindruckende Kostprobe seines Könnens legte Jac van Steen in der Premiere von Igor Strawinskys Oper »The Rake's Progress« (»Das Leben eines Wüstlings«) im Dortmunder Opernhaus ab. Der 50jährige Niederländer wird die musikalischen Geschicke der Stadt ab der kommenden Spielzeit als neuer Generalmusikdirektor leiten. Seinen Einstand gab er jetzt einer feinen Interpretation des geistvollen Stücks, die beim Premierenpublikum auf große Zustimmung stieß
Tom Rakewell, der Glückritter, im verführerischen Glanz einer vermeintlichen Freiheit im Laufrad der Zeit (Jeff Martin) (Foto:T. M. Jauk), auch wenn das Haus nur schütter besetzt war. Gewiss hat es nicht an seinem Vorgänger Arthur Fagen gelegen, dass es dem Dortmunder Leitungsteam offensichtlich nicht gelingen will, größere Publikumsschichten ins Haus zu locken. Warten wir ab, ob Jac van Steen effektive Lösungen mitbringen wird.
Nun ist Strawinskys einzige abendfüllende Oper ohnehin eher ein Werk für Feinschmecker, auch wenn der Dirigent bei aller rhythmischen Präzision sehr weich und klanglich rund musizieren ließ. Der Eindruck spröder Trockenheit konnte so vermieden werden. Allerdings brachte er stellenweise so viel emotionale Intensität ein, dass die gebotene Distanz zur hintergründig zweideutigen, neoklassizistisch angehauchten Tonsprache bisweilen verloren ging.
Einig war er sich darin mit Regisseur Roland Schwab, der im älteren Strawinsky einen »verkappten Romantiker« sieht. Eine kühne These, die seine Inszenierung fragwürdig erschienen lässt, wenn Strawinsky eindeutig mit klischeehaften Elementen der romantischen Oper spielt.
Trotz dieser Einwände lohnt sich die Begegnung mit der Produktion. Optisch wird im Bühnenbild Piero Vinciguerras die feinsinnige Ironie des Stücks überdeutlich. Im Zentrum steht eine rund durchbrochene Wand, in deren Öffnung der Held Tom Rakewell auf der Suche nach dem Glück wie ein Hamster im Laufrad zappelt. Mit Lichteffekten werden Illusionen einer erfolgreichen Zukunft erzeugt, die sich schnell in Schall und Rauch auflösen. Die Seitenwände sind wie Setzkästen angeordnet, die die Lebensstationen vom Bordell bis zu den Schatzkammern der skurrilen »Türkenbab« beherbergen.
Das Verhältnis zwischen Tom und seinem dämonischen Schattenmann Nick Shadow setzt Roland Schwab treffsicher in Parallele zur Beziehung zwischen Faust und Mephistopheles. Eindrucksvoll die Schlussszenen auf dem Friedhof und im Irrenhaus, indem der Blick auf den Boden der leer geräumten, pechschwarzen Bühne Andeutungen auf Grabkammern und gruftartige Krankenzimmer zulässt.
Das alles wird mit großer Sensibilität und feinem Witz, stellenweise halt auch mit etwas zuviel Pathos gereicht. Gesungen wird auf hohem Niveau. Jeff Martin singt mit seinem hellen biegsamen Tenor einen sauberen, flexibel agierenden und reagierenden Tom Rakewell. Simon Neal verströmt eine gehörige Menge an mephistophelischer Dämonie als Nick Shadow. Lydia Skourides singt eine eindrucksvolle, musikalisch lupenreine Ann Trulove. Lediglich Hannes Brock bleibt als Türkenbab etwas blass. Wenn man die Rolle schon mit einem Mann besetzt, dann auch mit einem pointierten Charaktertenor.
Insgesamt eine erfreuliche Produktion, die größeres Interesse verdiente. Die nächsten Aufführungen im Dortmunder Theater: am 4. April sowie am 14. Mai und 4. Juni
Gieβener Allgemeine
Pedro Obiera
31.03.2008
Der Teufel lauert immer und überall
Dortmund. "Lasst uns zu den alten Meistern zurückkehren, und es wird ein Fortschritt sein", sagte Igor Strawinsky während seiner neoklassizistischen Epoche und brachte diese Forderung in seiner einzigen abendfüllenden und selten zu hörenden Oper "The Rake's Progress" 1951 virtuos auf die Bühne. Er ließ sich anregen von einer Serie von Kupferstichen des englischen Illustrators William Hogarth aus dem 18. Jahrhundert, einer bissigen Satire auf den englischen Frühkapitalismus: "Szenen aus dem Leben eines Wüstlings". Strawinsky schuf entsprechend auch musikalisch einen bunten Bilderbogen von ganz unterschiedlichen Szenerien und zunehmender Spannung. Viel Mozartisches ist da zu hören, aber auch italienischer Belcanto-Schmelz, "trockene" Rezitative und glanzvolle Arien, mit Strawinskys eigener Handschrift ironisch gebrochen, in "modernes" Licht gerückt.
Phantastische Szenenfolge auf der Opernbühne. Roland Schwab holte die Fabel von der ruinösen Karriere des Tom Rakewell als skurille und phantastische, mitunter groteske Szenenfolge farbenfroh auf die Dortmunder Opernbühne, als kleines "Welttheater". Piero Vinciguerra baute eine Wand aus Kassetten mit einer großen runden Öffnung in der Mitte als Spielfläche. Sie taugt zu Verdopplungen, Spiegelungen und ungewöhnlichen Bewegungsformen. Ein buntgekleidetes Völkchen (Kostüme Renée Isterdal) tummelt sich hier ausgelassen, theatralisch oder auch - am Ende - mit tragischer Tristesse.
Es beginnt ganz harmlos. Tom Rakewell und Ann genießen das Glück ihrer Liebe in unschuldig-schöner Naturidylle. Doch dann taucht Nick Shadow auf - der leibhaftige Satan - und verführt den leichtsinnigen und leichtgläubigen Tom zu einem Leben in London in Saus und Braus, bis zum bösen Verderben.
Das Unglück nimmt seinen Lauf: die Freuden im Bordell machen Tom nicht froh, die Heirat mit der bärtigen Türkenbaba ist ihm nur lästig, die Erfindung einer Maschine, die aus Steinen Brot machen kann, bringt ihm den völligen Ruin. Nick, der schließlich seinen Lohn fordert, gibt ihm noch eine Chance mit einem Spiel. Anns Liebe und Segen lässt Tom sogar gewinnen. Aber bevor der Teufel in die Hölle fährt, schlägt er Tom mit Wahnsinn. Traumverloren erlebt er als Adonis mit Ann, in der er Venus sieht, noch einen glücklichen Moment, bevor er einsam stirbt. Im Epilog hören wir die Moral der Geschichte: der nach Glück Suchende ist eine gute Adresse für den Teufel.
Jeff Martin gibt diesem Tom Rakewell viel Charme, tenoralen Glanz und spielerische Beweglichkeit mit, zeigt seinen zunehmenden Verfall mit Konsequenz und Intensität. Lydia Skourides ist Ann: lieblich, couragiert, mit stimmlicher Prägnanz. Simon Neal gibt einen wendigen, verführerischen, bösartigen Shadow, einen Teufel mit Eleganz und baritonaler Fülle. Hannes Brock entwirft ein großartiges Rollenportrait als Türkenbaba. Vidar Gunnarsson entwickelt als Anns Vater fürsorgliche Töne.
Jac van Steen, designierter Generalmusikdirektor in Dortmund, erarbeitete die Partitur als erste eigene Opernproduktion am Haus. Präzise und übersichtlich musiziert er mit raschen Tempi, schwingender Motorik und überzeugender Vorstellung vom speziellen Klang, dem illustrativen Charakter und dem Humor in dieser Musik. Die Philharmoniker und der Chor (Granville Walker) hatten mit engagiertem Einsatz großen Anteil am Gelingen des außergewöhnlichen Abends, der bei den Besuchern ungeteilten Beifall fand.
Sonja Müller-Eisold
Der Westen
31.05.2008
Dortmunds designierter GMD Jac van Steen dirigiert im Konzerthaus
Jac van Steen steht am Pult des Konzerthauses Dortmund, als wäre der Begriff des Generalmusikdirektors für ihn erfunden worden. Ein freundlicher Hüne mit Standfestigkeit, energischer Ausstrahlung und klaren Ansagen an die Dortmunder Philharmoniker. Die folgen ihrem derzeit noch designierten, ab August offizielen) Chef mit einem Enthusiasmus, den man ihnen kaum zutraute: Aufbruchsstimmung in Dortmund, helle Freude im Publikum.
Beim siebten Philharmonische Konzert putzt der Klangkörper unter dem Dirigat des Niederländers seine Qualitäten heraus, dekoriert eine Schaufenster mit französischen Delikatessen: Francis Poulencs Ballett-Suite “Les Biches”, Camille Saint-Saëns’dritte Violinkonzert, Claude Debussys “Nocturnes. Zum Finale gibt es noch ein Knaller: Gershwins “An American in Paris”.
Van Steen lässt lässig schlendern, die Blechbläser prahlen, schwelgt in grossen Bögen, kitzelt hier die knäckigen Schlagwerk-Synkopen und dort den Gag mit den Taxi-hupen hervor, drängt auch in melancholischer Stimmung vorwärts. Er beherrscht seinen grossen Orchesterapparat souverän, seine zupackende Zeichengebung lässt auch im überbordenden Strassengetümel der sinfonischen Dichtung die Durchhörbarkeit nie auf der Strecke.Grosse Klasse !!
Aber die Philharmoniker können auch anders: Wie luftig webe erst die Holzbläser, dann die Streicher die verschlungenen Linien in Claude Debussys erstem Nocturne (“Nuages”). Und wie zart wiegen die Streicher das Sndantino, den zweiten Satz von Camille Saint-Saëns’ Violinkonzert.—Van Steen beweist hohe Qualität und Gestaltungskraft als Konzert-dirigent: Während das Orchester der den brillanten, geschmeidigen Ton der Solistin zurückhaltend auffängt, profiliert es sich in seinen Parts, etwa im ersten Satz mit triumphaler Eleganz.
Charmant ist der Ton in Francis Poulencs “Les Biches” – Van Steen formuliert aus den fünf Sätzen kleinformatige Stimmungslagen, ein forsches Rondeau, eine ausgelassene Rag-Mazurka, eine Andantino von zierlicher Anmut- die in lakonischen Pointen münden. Der Mann hat auch noch Sinn für Humor.
Elisabeth Elling, WA 12.03.08
Mitreissend und mit entfesselten Klanghexereien
… Van Steen begleitete sie mit dem Dortmunder Philharmoniker sehr sorgfältig und klangdicht. Die Musiker und ihr neuer Chef waren an diesem Abend sichtlich mit Feuereifer bei der Sache. Van Steen führte mit Noblesse und Vehemenz. Er liebt den farbigen Vollklang, dirigiert beschwingt und mit Emphase. Das Programm bot ihm dabei eine breite Gestaltungs-Palette. Poulencs Suite “Les Biches” ging er elastisch und frisch an, servierte das pfiffige und anmutige Stück mit seinem aparten Klangkombinationen in plastischem Umriss.
Den bezwingenden Farbenreichtum von Debussys “Nocturnes”nutzte Van Steen zu dynamische weitgespännter Darstellung der in ihren Stimmungen kontrastierenden Sätze “Nuages”und “Fêtes”mit impressionistisch zauberhaften Klängen. Scliesslich liess er Gershwins “Amerikaner in Paris”schwungvoll und lautstark dur die Metropole spazieren- mit mitreissendem Drive und entfesselten Klanghexereien.
Sonja Müller-Eisold, WAZ / WR 12.03.08
Aufbruch in andere Liga mit Van Steen
So als hätte man das Orchester komplett ausgewechselt, den Musiker die Freude am muzisieren zurückgeschenkt und ihren Blick geschärft, wie man Funken im Publikum springen lassen kann, präsentieren sich die Dortmunder Philharmonker im 7. Philharmonischen Konzert im Dortmunder Konzerthaus: lustvoll, mitreissend, präzise, schon weit ausgefeilt im Klang. Das ist eine andere Liga, in der das Orchester nun spielt. Ausgewechselt war “nur” der Mann am Pult: JAC VAN STEEN. Grosses erwarten die Dortmunder von dem designierten Generalmusikdirektor, un dder 51-Jährige ist offenbar in der Lage Wunder möglich zu machen. Es ist eine grosse Lust, dem charismatischen Niederländer beim dirigieren zuzuschauen.
Hoch inspirierend ist es auch für die Musiker, wen er mit den Fingerspitzen Klänge nachmalt, mit den Augen auch die letzte Pulte fest im Blick hat und das Orchester zu Wachs in seinem Händen werden lässt. Ergebnis war eine pointiert herausgespielte Poulenc-suite “Les Biches”, ein Zusammenspiel der Streicher und Klangkultur im Piano in Debussys “Nocturnes”, wie man sie von denPhilharmonikern nicht oft gehört hat, und ein Klangfest in Gershwins “Amerikaner in Paris”, das von Temperament fast explodierte.
Die Zeiten des Zurücklehens sind mit Van Steen vorbei. Auch wenn er sein Orchester begleiten lässt, klint nichts nebensächlich. Momente von grosser sphärischer Schönheit zauberte im 2. Satz von Saint-Saëns 3. Violinkonzert nicht nur die 22 Jahre junge Solistin Alina Ibragimova in den Saal, sondern auch die Philharmoniker. Jac van Steen möchte die Dortmunder Philharmoniker zum besten NRW-Orchester machen. Er ist auf einem langen, aber sehr guten Weg. Auf seine Opernpremiere, Strawinsky’s Rake’s progress “ am 30. März darf man gespannt sein.
Julia Gass, RV 12.03.08
Bild-Interview mit Jac van Steen,...
dem General-Musikdirektor der Dortmunder Philharmoniker
ICH LIEBE DEN KULTUR-HUNGER DIESER REGION
Der Niederländer Jac na Steen, designierter General-Musikdirektor der Dortmunder Philharmoniker für die kommende Spielzeit, stellt sich schon in diesem Jahr seinem Publikum vor. Eine berauschende Wiederaufnahme der Oper Butterfly macht Hoffnung aus eine fruchtbare Zukunft. Jetzt dirigiert er drei Tage das Philharmonische Orchester im Konzerthaus. Ein Bild-Gespräch.
“Was unterscheidet die Dortmunder Philharmoniker von den Nachbar-Orchester?”
Van Steen: “Die Dortmunder sind sehr von dem Menschen abhängig, der vorne steht. Das ungeheure Potential muss gut gelenkt werden”
“Sie waren Anfang der 90er ständiger Gast mit den Bochmer Symphoniker. Was mögen Sie an der Region?”
Van Steen:” Sie fasziniert mich durch ihren Kultur-Hunger”
“Hängt sich Dortmund an die Kulturhaupstadt dran?”
Van Steen: “Essen hat viel vor. Auch haben wir die Planung fertig. Wir sind gut gewappnet, hängen nicht dran”
“Macht es Sinn, 200 Jahre alte musik zu spielen?”
Van Steen: “ In einer Sekunde Beethoven steckt mehr Moderne als in der gegenwärtigen Popkultur”
Bildzeitung 12.03.08
EIN LEIDENSCHAFTLICHES DOPPEL
Jac van Steen-Festival beginnt mit “Butterfly”- Wiederaufnahme
Begeistert gefeiert worden ist der designierte Generalmusikdirektor Jac van Steen bei seinem ersten Auftritt in September 2007. Jetzt kommt er wieder, mit einem kleinen Van Steen-Festival: am 1.3.leitet er die Wiederaufnahme von Christine Mielitz’Butterfly von Puccini, vom 10. bis 12. März dirigiert er Werke aus Frankreich und Gershwins “Amerikaner in Paris” im Philharmonischen Konzert und am 30. März feiert er mit Strawinskys Oper “The Rake’s progress” Premiere.
Auch “Butterfly” ist fast eine Premiere, mit drei neuen Sänger, u.a. der Niederländerin AnnemarieKremer als Cio-Cio-San. Anders als Dirk Kaftan willVan Steen Puccini dirigieren: Diese Musik muss man expressiv, mit viel vibrato spielen. Blutdurchlaufen, mit vielen Farben und einem grossen Spannungsbogen. Meine musikalische Vorstelung pass perfekt zur Regie von Christine Mielitz. “Zwischen uns stimmt der Chemie” freut sich die Opernintendantin.
In Nürnberg und Leeds hat Van Steen “Butterfly” schon dirigiert; Rake’s Progress hat er in Dezember mit dem City of Birmingham Orchestra dirigiert. “Die Dortmunder Philharmoniker können sich mit Top-Orchestern mithalten. Ich freue mich auf die Konkurrenz der grossen Orcester im Konzerthaus, Ich spüre die Energie und Konzentration, die vom Orchester jetzt ausgeht” freut sich Van Steen.
Die Dopplung Mielitz/Van Steen und Repertoirestück/Moderne Oper wird es in dem nächsten Spielzeit auch geben. Mit “Tosca” und “Der junge Lord”. “Wir müssen beides zeigen. Aber wir steigen gerne mit Puccini ein, um zu zeigen, dass wir beide leidenschaftliche Menschen sind”sagt Mielitz. “Ich liebe die Oper”, betont Van Steen, “ich begleite gern – egal ob Sänger oder Pianisten”
JG, RN 28.0208
Jac van Steen probt mit den Philharmonikern für die Wiederaufahme von Madama Butterfly
POSITIVER SCHATTEN’ SETZT ZUM SPRUNG AN
Jetzt kann Jac van Steen beweisen, wie sehr er für die Oper brennt: Der designierter Generalmusikdirektor hat die musikalische Leitung für die Wiederaufnahme der “Madama Butterfly” am 1. März.
Eines würde Jac van Steen nie machen: Einfach nur nachdirigieren, was ein anderer vor ihm erarbeitet hat. “Das ist keine Eitelkeit” Ich stehe für was ich probe”sagt er vehement. Und so geht er dieWiederaufnahme der Butterfly, der einst Dirk Kaftan dirigierte, als mittleres Novum an.
Jac van Steen allerdings geradeheraus.Hätte er die Chance gehabt, wäre es ihm lieber gewesen sich mit einer ‘frischen, neuen Produktion’den Dortmundern als Operndiigent vorzustellen. Jac van Steen ist aber kein Mensch für ‘hätte’, ‘wenn’ , ‘aber’ . Und so sagt er: “Wir machen das eben wie neu”. Und: “Nach der Buttergly kann die Welt untergehen”. Also probt Jac van Steen, als könne er die Zeit dehnen – gibt Änderunge vor, lässt die Philharmoniker vehement aufspielen, versucht seinen ‘positiven Schatten’ auf sie zu werfen.
Der designierter GMD aber ist auch nicht der einzige Neuling: Drei von fünf Protagonisten wurden ausgetauscht – unter ihnen die Sopranistin Annemarie Kremer. Sie und Van Steen verbindet nicht nur ihre niederländische Heimat. Sie teilen ein “organisches Empfinden für die Musik”von Puccini, erklärt Kremer. Sie, die die Partie bereits zwei Mal sang, empfindet die japanische Geisha als Heldin, die innerhalb sehr kurzer Zeit eine grosse seelische Entwicklung durchmache. Van Steen lobt das dramatische Talent der Sopranistin: “Sie ist fast wahnsinnig kokett, verführerisch, sensibel erotisch..” Annemarie Kremer lacht geschmeichelt.
Klar ist, dass beide in den zwei Proben, die ihnen noch bleiben, viel Disziplin an den Tag legen müssen. Daran erinnert zu werden, das ihm bei seiner Berufung wenig Liebe zur Oper nachgesagt wurde, passt van Steen da wenig: “Der Unsinn soll endlich mal aufhören”, sagt er. Die Leidenschaft liegt in der Musik – egal ob für Oper oder Ballett. Und Leidenschaft, die hat Van Steen. In gerade einmal zwei Tagen habe er den Plan für die nächste Spielzeit ausgearbeitet, den er jüngst im Kulturausschuss präsentierte. Ob jemand seine Ideen – Abstimmung uber ein Konzert, Einblicke in die Proben – populistisch findet, stört Van Steen nicht. Er will auf das Publikum zugehen, will es ‘mitdenken lassen’, eine Identität des Orchesters schaffen. “Wir müssen ert ein paar Schritte zurückgehen, damit wir springen können”.
WAZ / WR 28.02.08
Vorhang auf für die Jac van Steen-Show
Dortmund, 11.03.2008
Der Westen
Noch steht das kleine Wörtchen "designiert" vor seiner Amtsbezeichnung. Aber ab der nächsten Spielzeit ist Jac van Steen Generalmusikdirektor. Und schon jetzt mischt der Niederländer eifrig im Dortmunder Musikleben mit Nadine Albach beobachtete ihn hinter den Kulissen des Philharmonischen Konzerts. 9.45 Uhr, Montag morgen. Die Musiker eilen durch den Künstlereingang in die Katakomben des Konzerthauses. Schmale Taschen, große Koffer, schnelle Schritte.
Einige graue Stufen weiter ist es ruhig. "Jac van Steen" steht am Dirigentenzimmer. Er, ganz in Schwarz, lehnt an einem glänzenden Flügel, im Gespräch mit einem Freund aus Manchester.
Sein Handy hat er ausgeschaltet - "zu viele Anrufe". Schnell gibt er Assistentin Andrea Knefelkamp-West letzte Anweisungen. Ab, die Stufen runter, auf die Bühne.
10 Uhr. Ein Klanggewitter begrüßt Jac van Steen. Die Dortmunder Philharmoniker "wärmen" sich auf. Van Steen geht zügig durch die noch sportlich angezogenen Musiker, schüttelt den drei Geigern neben dem Pult die Hand.
10.03 Uhr. "Morgen meine Damen und Herren." Van Steen schraubt am Notenständer. " Jetzt haben wir die letzte Chance, Schönes zu erreichen", sagt er und hebt den Taktstock. Was gerade noch Chaos schien, wird jetzt Einheit.
Die Jac van Steen-Show beginnt. Nur, dass nichts künstlich scheint, sondern so, als sei er jetzt ganz bei sich. Er hüpft. Stellt sich auf die Zehenspitzen. Sticht mit dem Taktstock in die Luft. Macht einen Ausfallschritt in die eine und kitzelt mit der Hand in der anderen Richtung Klänge hervor. Jac van Steen kann schwelgen, sich in der Musik hin und her wiegen. Dann kämpft er, tanzt er, wird ganz klein, dann herrschaftlich groß.
10.20 Uhr. Erste Korrekturen: Da nicht so laut, da andere Akzente. Alle blättern eifrig, machen sich Notizen. Konzentrierte, aber gute Stimmung. "Man merkt, dass es drei volle Tage her ist, dass das Orchester in dem Raum gespielt hat", sagt van Steen.
11.30 Uhr. Mit Francis Poulenc, Claude Debussy, George Gershwin sind die Philharmoniker durch. Leicht zu hören, schwer zu spielen. Jetzt eine Pause - und ein Sprung.
Auf 19.30 Uhr. Jac van Steen erklimmt erneut graue Treppen. Auf dem Flügel im Dirigentenzimmer liegen die Partituren. In der für Poulenc blättert er schnell, macht noch einen Strich. Dann gibt er die Hefte ab - auf dass sie sicher im Konzertsaal ankommen. Ein Ritual für ihn.
19.40 Uhr. Van Steen atmet durch. Er sei "erwartungsvoll, aber nicht übermäßig nervös". Kulturbeutel raus, Bürste, Deo. Mineralwasser blubbert. Sein Frack, den er gern hat, hängt am Schrank. Das Anziehen, erst kurz vorher, damit die Spannung steigt, gehört für ihn dazu. Genauso, wie eine kleine Blechbox, voller Talismane: Manschettenknöpfe, alte Münzen, Sicherheitsnadeln. "Aller möglicher Unsinn." Van Steen erzählt von seinem klapprigen Uralt-Auto und dem Taktstock, der 15 Euro wert ist. Luxus, das ist für ihn "die innere Ruhe, das zu genießen, was ich tue."
19.45 Uhr. Zeit allein.
19.57 Uhr. Jac van Steen zupft seine Fliege zurecht. Er sieht durch den Inspizientenraum in den Saal "Toll - es ist voll." Beherzt macht er die Tür auf - hinaus zur Musik.
It was virtually musical cinema
Orchestra of Opera North, Romantic Greats
Venue: Huddersfield Town Hall
William Marshall
Rapturously received performances of two of the greatest works in the symphonic repertoire meant that conductor Jac van Steen made an auspicious debut appearance with the Orchestra of Opera North last night. The programme concluded with one of the mightiest of all symphonies, Sibelius's Fifth. This is a composition that has an almost unequalled power to conjure visual imagery in the mind of the listener.
It is virtually musical cinema, projecting such themes as Scandinavian landscapes and Norse mythology. Van Steen - who has a commanding podium presence - presided over a performance of the Fifth Symphony which realised most of its power and potential and certainly brought out its detail, for this is a work in which many sections and soloists can shine, notably the horns in the final movement.
The concert had begun with a performance of Schumann's Overture to Genoveva, and this was followed by the Brahms Concerto for violin, cello and orchestra. A double concerto can be absorbing visually as well as musically, because of the exceptional degree of rapport that must be evident between the soloists. Violinist David Greed - the long-standing leader of the Opera North orchestra - and cellist Nicholas Trygstad immediately demonstrated their musical melding, for a dramatic duet for the soloists soon after the opening was negotiated with panache.
The second movement of the Brahms Double is one of the most beautiful in the orchestral repertoire and it is not only the soloists who have the opportunity to shine, for there is a brief but ravishing bassoon duet, excellently performed last night.
February, 2008
Orchestra of Opera North
Hjddersfeld Town Hall
Yorkshire Post, February 8, 2008
Chris Robins
The Orchestra of Opera North can do no wrong at the moment, and for this magnificently executed concert, they presented three works of organic development and smooth transitions in three satisfyingly different musical styles. Conductor Jac van Steen was making his Opera Norm debut. In the audience were Opera North general director Richard Mantle and music director Richard Fames. They will have been impressed.
Schumann's rarely heard Genoveva Overture was welcomed for the glorious arc of seamless orchestration it truly is. Brahms' Double Concerto, also becoming a rarity, was revealed in all its muscularity and rhythmic complexity. Van Steen drew clear, detailed articulation from the orchestral inner parts and soloists David Greed (Opera North leader) and Nicholas Trygstad (Halle principal cello) formed a taut, sinewy duo producing musical energy like tightly coiled springs. Van Steen is one of the few conductors who understands Sibelius-Finnish culture neither wallows nor perorates and is more intense because of it. His Fifth Symphony was simply the best since the great benchmark performances by Paavo Berglund and the Bournemouth Orchestra in the 1970s.
Swansea festival: BBC National Orchestra of Wales.... at the Brangwyn Hall
From South Wales Evening Post - 15/10/2007
..... As usual the orchestra under the baton of Jac van Steen provided wonderful support to the soloist. But in the second half they came into their own with an outstanding performance of the Sibelius second symphony. This is another work full of emotion and authority with large themes and an inspirational quality to the music.
The conductor squeezed every last ounce of richness from the music to give the audience a great climax to the concert. The concert also featured an extraordinary work by Finnish composer Rautavaara.
Furioser Einstand für van Steen
DORTMUND - Katrin Pinetzki
Jac van Steen gab Montagabend seinen Einstand im Konzerthaus.
Eine Welle der Sympathie ist Jac van Steen bei seinem ersten Philharmonischen Konzert entgegengeschlagen. Viele waren begeistert vom fulminanten Einstieg des Niederländers, der als designierter Generalmusikdirektor am Montagabend im Konzerthaus mit Beethoven, Einojuhani Rautavaara und Carl Nielsen debütierte.
"Das war ein erfrischender Start, er dirigiert sehr ästhetisch und hatte eine sehr elegante Solistin", urteilte Konzerthaus-Intendant Benedikt Stampa nach der Premiere. Der emeritierte Musik-Professor Willi Gundlach, Leiter des Uni-Kammerchors, stimmt zu: "Er ist ein genauer und präziser Dirigent. Von ihm können wir viel erwarten."
"Sein Charisma begeistert mich", meinte Kulturmäzen Bodo Harenberg, "er hat das Publikum mit seiner Art, ein Orchester zu führen und zu belohnen, für sich eingenommen." Und Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer schwärmte: "Ein fulminanter Einstieg. Ich habe es richtig genossen.
Er hat ein sehr ausgeglichenes, ästhetisches Dirigat. Und sein erstes Programm verspricht Spannung und Qualität – beides erwarten wir von Jac van Steen in Dortmund." Rosemarie Ahrens, Stammbesucherin im Konzerthaus, war zufrieden: "Er macht einen sehr guten Eindruck und hat ein straffes Dirigat. Ich bin optimistisch, dass es gut geht mit ihm als GMD." Zum ersten Mal in einem Sinfoniekonzert war Renate Budde. "Es war sagenhaft, die Musik von ihm zu hören. Ich komme bestimmt wieder", sagte sie.
4 September 2007
Der Fels in der Brandung
DORTMUND - Julia Gaß
Jac van Steen begeisterte das Dortmunder Publikum.
Im Sturm hat Jac van Steen das Publikum als designierter Generalmusikdirektor der Dortmunder Philharmoniker erobert - allerdings nicht stürmisch, sondern mit einem überlegenen, sehr präzisen Dirigat und abgeklärter Ruh Die große Welle der Sympathie, die dem 51-jährigen Niederländer am Montag im Konzerthaus entgegenschlug, und euphorische Worte von Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer machten den Dirigenten verlegen: "Was erwartet mich hier erst nächstes Jahr, wenn es richtig losgeht?"
Wie ein Fels in der Brandung stand der große, kräftige van Steen vor dem Orchester und führte es überlegen durch alle Klippen der drei Werke des spannenden Programms. Isabelle Faust, Solistin in Beethovens Violinkonzert, verzückte das Publikum mit einem silbrigen Ton auf ihrer Dornröschen-Stradivari - und van Steen schien die Philharmoniker wachgeküsst zu haben aus einem Dornröschen-Schlaf.
Die Chemie stimmte
So genau und differenziert, so temperamentvoll und spielfreudig hat man das Orchester selten gehört. Die Chemie scheint endlich zu stimmen zwischen einem Dortmunder GMD und den Philharmonikern. Die Solistin, ein Spross des Harenberg-Festivals "Next Generation II", war für van Steens Antrittskonzert ein Geschenk. Mit elegantem Ton und großer technischer Überlegenheit spielte sie das Beethoven-Konzert und fühlte sich wunderbar in den Orchesterklang ein.
Die Streichorchestersuite "The Fiddlers" vom Finnen Rautavaara hatte van Steen Nielsens 4. Sinfonie vorangestellt. Munter, dass es eine Lust war, zuzuhören, spielte das Orchester die an Folklore angelehnten Teufels- und Springtänze. Hörbar hat van Steen am Orchesterklang gearbeitet. Sein großes Gespür für kammermusikalische Zusammenhänge und die präzise Schlagztechnik, die nie unterkühlt wirkt, sondern auch mit Emotionen gefüllt ist, lassen den Niederländer zu einer Pult-Persönlichkeit werden, die Nielsens Sinfonie "Das Unauslöschliche" atemlose Spannung gab.
Eine neue Ära
Die geschlossen musizierenden Streichergruppen, erstklassige Holzbläser und vorzügliche Blechbläser lassen auf eine neue, gute Ära in Dortmund hoffen.
4 September 2007
BBCNOW / van Steen - Proms - First Night
From The Times - 06/08/2007 Geoff Brown
BBCNOW/van Steen. Albert Hall/Radio 3 ****
Is the symphony dead? Did it disappear along with dried eggs after the Second World War? For a time, in Britain and elsewhere, composers of the barbed-wire school sometimes made it appear so. But habits die hard. Maxwell Davies has completed eight. The ninth Philip Glass must be on the way. And David Matthews, in Thursday's triumphant Prom premiere, notched up a glorious sixth -a commission from the John S. Cohen Foundation.
If the symphony had a nickname it would have to be "Down Ampney". That's Vaughan Williams's Cotswold birthplace; the title, too, of his most famous hymn tune (Come Down, O Love Divine), which feeds this 35-minute creation with motifs from the second bar onwards.
But you can forget any depiction of a "cow looking over a gate" (the famous slur on Vaughan Williams's pastoral streak). Matthews's cow jumps way across the planet. It mingles with Mahler's alpine climes. The music is always on an exploratory journey, uncovering terror and beauty in a three-movement argument that keeps traditional symphonic procedures in the near distance -supporting, but never stifling.
Helped by the BBC's generous rehearsal time, the BBC National Orchestra of Wales and their principal guest conductor Jac van Steen delivered a fine-tuned performance. Matthews has a lively ear for colour: I can still hear that ruminant contrabass clarinet and the marimba-vibraphone duel. But it's his structural grip and the music's inevitability that makes this symphony so successful. And important.
Catch it online, or in the Radio 3 repeat on Thursday, and you'll find other pleasures. There' s an ebullient account of Debussy's early Printemps; and Janine Jansen is bewitching in Prokofiev's second violin concerto.
SCINTILLATING HOMAGE TO VAUGHAN WILLIAMS
The Evening Standard - 03/08/2007
BY NICK KIMBERLEY - PROMS 2007 - BBC NOW/VAN STEEN - ALBERT HALL
The British composer David Matthews is not cowed by tradition. His programme note for his Sixth Symphony mentions Bruckner and Mahler, while the work's presiding deity is Vaughan Williams.
It is a brave, perhaps reckless composer who invokes that kind of lineage but the new symphony can hold its head up in their presence. A Vaughan Williams hymn tune is the thread from which Matthews weaves the work, but he does more than play 'theme and variations' with it. He fashions it into a scintillating rhapsody.
….. This may have been the premiere, but the BBC National Orchestra of Wales under Jac van Steen played as if the symphony held an honoured place in its repertoire …...
Soundscapes full of colour
From The Daily Telegraph - 03/08/2007
By Matthew Rye
BBC PROMS
*BBC NOW/Van Steen
ALBERT HALL THE symphony may be one of the less fashionable media for composers these days, but a select few are still fruitfully ploughing this furrow. David Matthews had his Fifth Symphony premiered at the 1999 Proms and last night's concert saw the first performance of its successor. ……
Matthews's ear for orchestral colour was amply borne out in this world premiere performance by the BBC National Orchestra of Wales under its principal guest conductor Jac van Steen…...
Matthews's Sixth was cogently argued and always engaging; and it's not often one comes away from a new work humming a tune - even if it's not its composer's own.
The concert was topped and tailed by two French orchestral showpieces. Both Debussy's Printemps and Ravel's La Valse emphasised van Steen's skills as a colourist, especially in the way he brought out the flair for detail in these composers' soundscapes. There was energy, too, in Debussy's dance-filled second movement and in Ravel's ever more manic apotheosis of the waltz.
Gäste aus Britannien
Weimar. (tlz) Jac van Steen feierte in der Weimarhalle ein herzliches Wiedersehen mit der Staatskapelle und seinem Weimarer Publikum. Der ehemalige Generalmusikdirektor des DNT dirigierte als Gast ein ausgefallenes Programm. Zurzeit Principal Guest Conductor beim BBC-Orchester in Cardiff (Wales), brachte er ein überwiegend englisches Programm mit.
An den Beginn stellte er die Ouvertüre zur Komödie "The Wasps" des Aristophanes von Ralph Vaughan Williams, die eigenständige Qualitäten besitzt - über ihre Einspiel- und Eröffnungswirkung hinaus. Sehr wirkungsvoll ließ van Steen besonders die Streicher einen ganzen Wespenschwarm darstellen. Auch den, in der antiken Komödie karikierten Streit gelehrter Juristen, setzten die Weimarer Musiker recht plastisch um.
Als zweiten Briten präsentierte die Staatskapelle den Spätromantiker Edward Elgar mit dessen selten gespielten Enigma-Variationen, ein aufwändiges sinfonisches Werk, mit dem Elgar seinen kompositorischen Ruhm 1899 in England festigte. Van Steen bot der Staatskapelle mit seiner Interpretation eine Spielwiese für Schönklang, dankbare solistische Einzelleistungen, runden Holzbläsersound, satte Blechbläserattacken. Bei großflächigen, erstklassig umgesetzten Crescendoflächen oder durch wechselnde Besetzungen schnell sich wandelnden Klang-Charakteren bewiesen die Musiker ihr hohes Handwerk. Das außermusikalisch intendierte Programm, bei dem etwa eine Bulldogge ins Wasser fällt oder das Lachen einer jungen Dame imitiert werden soll, wurde schnell obsolet.
Als Kompositionsstudentin hatte Alma Mahler, Schülerin Alexander Zemlinskys und Ehefrau Gustav Mahlers, etwa 100 Gedichte für Gesang und Klavier vertont; einige davon wurden von Colin und David Matthews orchestriert. Nun musizierten die Staatskapelle und Iris Vermillion (Mezzo) fünf Orchesterlieder Alma Mahlers zu Texten von Dehmel, Bierbaum, Rilke und Gustav Falke. Vermillion interpretierte mit starker, glaubwürdiger Emotion, aber ohne Opernnähe und setzte ihre tieftimbrierte, sehr volle und flexible Stimme betont vibratoarm ein. für Gesang und Klavier vertont; einige davon wurden von Colin und David Matthews orchestriert. Nun musizierten die Staatskapelle und Iris Vermillion (Mezzo) fünf Orchesterlieder Alma Mahlers zu Texten von Dehmel, Bierbaum, Rilke und Gustav Falke. Vermillion interpretierte mit starker, glaubwürdiger Emotion, aber ohne Opernnähe und setzte ihre tieftimbrierte, sehr volle und flexible Stimme betont vibratoarm ein.
11.06.2007 Von Katharina Hofmann
BBCNOW/Van Steen
4 stars St David's Hall, Cardiff
Rian Evans, Tuesday May 1, 2007
Guardian
In his capacity as principal guest conductor, Jac van Steen has forged a very productive relationship with the BBC National Orchestra of Wales, delivering performances of great character and immediacy. Tall enough almost not to need a podium, with a conducting style that is precise on detail yet unstinting on passion, Van Steen has a natural authority.
His partnership with soloist Barry Douglas in Bartok's Second Piano Concerto was hugely rewarding, with the work's broad architectural span clearly delineated and the unusual instrumental textures carefully balanced. Bartok uses no strings at all in the first movement, pitting the piano against percussion and wind, making the effect of the slow nocturne and its muted strings with timpani and piano all the more intimate and atmospheric. Douglas's playing here had his customary acuity: he was wonderfully expressive in revealing the dark anguish that tears at the heart of Bartok, but also powered his way through the demanding piano writing with a dynamic force.
Prokofiev said that he conceived his Fifth Symphony as a monument to the greatness of the human spirit, and it stands as one of his most heroic works, embracing elements of his opera War and Peace. The BBCNOW players, notably the brass and tuba, revelled in the lyricism and grandeur of the music, tempered with the rhythmic humour that is unmistakably Prokofiev. If this piece of music could be described as having needle-sharp wit, Van Steen will remember it in literal terms. Between the second and third movements, a strange fumbling behind his back was explained when he produced a needle from his trouser waistband. From then on, the musical arguments seemed to be even more pointedly made.
Vogelgezwitscher gibt den Ton an
Kurhaus: Staatsorchester unter der Leitung von Jac van Steen
09.02.2007 - Axel Zibulski
WIESBADEN
Ein ganzer Konzertsaal lauscht konzentriert, aber auf dem Podium rührt kein Musiker einen Finger. Vielmehr zirpt und schnattert es unlokalisierbar aus dem Off, werden von einem Tonband Vogelstimmen eingespielt: In seinem 1972 entstandenen "Cantus arcticus" lässt der finnische Komponist Einojuhani Rautavaara zwischen den drei Sätzen dieses "Konzerts für Vögel und Orchester" das nordische Gezwitscher vom Orchester unkommentiert den Raum füllen. Aber auch innerhalb der Sätze gibt die Band-Einspielung den Ton an. So umgarnen oder imitieren die Bläser etwa diese natürlichen Stimmen, oder die Streicher sorgen mit warmer Grundierung für eine kuschelig meditative Stimmung. Ganz neu mag die Idee einer solchen Tonband-Einspielung bei der Uraufführung des "Cantus arcticus" 1972 nicht gewesen sein; schon Ottorino Respighi hatte knapp ein halbes Jahrhundert zuvor in seinen "Pini di Roma" das Publikum mit römischem Nachtigallen-Gesang vom Grammophon konfrontiert. Aber Rautavaara geht weiter, ordnet in dieser halb-elektronischen Komposition Orchester, Musiker, Menschen der Natur unter. Mit "Cantus arcticus" eröffnete das Hessische Staatsorchester Wiesbaden unter der Leitung Jac van Steens das 5. Sinfoniekonzert im Kurhaus.
Der Weimarer Generalmusikdirektor Jac van Steen gilt als Künstler, der sich auch für die Seitenwege des Konzert-Repertoires interessiert, ein Ruf, dem er als Gastdirigent des Staatsorchesters gerecht wurde. Denn bei der folgenden Ballettmusik Sergej Prokofjews erklangen nicht etwa einmal mehr die populärsten Nummern aus "Romeo und Julia", sondern eine Auswahl aus jenen drei Suiten, die Prokofjew aus seinem Ballett "Cinderella" op. 97 erstellt hat. Denn effektvoll ist diese Musik nicht weniger, etwa beim ganz handfesten "Tick Tack" des Schlagwerks zum Einläuten der Mitternachtsstunde oder dank der Anspielung an den beliebten Marsch aus Prokofjews Oper "Die Liebe zu den drei Orangen", die das Orchester treffend verschattet und wie eine ferne Erinnerungs-Musik ausspielte.
Dass Jac van Steen spürbar intensiv mit dem Orchester gearbeitet hatte, war zu hören und mit der Reverenz der Musiker ihm gegenüber beim Schlussapplaus auch zu sehen. Zuvor hatte man nämlich die Sinfonie Nr. 2 e-Moll op. 72 von Sergej Rachmaninow einmal nicht mit der Akzentuierung des Pathetischen, des Schwermütigen erlebt, was bei einer knappen Stunde Aufführungsdauer gerne selbstgefällig und übersättigend wirken kann.
Van Steens Interpretation gefiel stattdessen durch ihre transparente Feinarbeit, ihren Mut, etwa im Scherzo auch das Schroffe, Brüchige ungeglättet herauszustellen. Und wie überzeugt das Orchester dem folgte, bewies etwa Klarinettist Heiner Rekeszus mit seinem in diesem Kontext so treffend fahl und diskret gestalteten Solo im langsamen Satz.
Royal Scottish National Orchestra
Three years running, Jac van Steen has come to the RSNO bearing what might seem rather ordinary programmes, to which he has brought such beauty of phrasing, richness of string tone and clarity of texture that every performance has been something special. What could have been a routine account of Mendelssohn's Hebrides Overture last season became a seascape so atmospheric it has remained indelibly in the memory.
As a Dutchman, albeit from Eindhoven, he is a conductor who knows about the sea. But on Saturday's evidence he knows as much about the very different world of Tchaikovsky's Fifth Symphony, of which he obtained a performance of startling definition, at tempi sometimes on the slow side of slow, sometimes on the fast side of fast, with space for the pauses that can add so dramatically to Tchaikovsky's music.
Yet this was not a performance simply dependent on extremes; it was more a matter of grand unfolding, every note attentively weighed, coloured and spaced. The fragile finesse of the oboe in the slow movement enhanced the fine horn tone, and the succeeding waltz was a study in pointillist glitter.
(The Herald, November 2006)
Musikkollegium Winterthur
[Peer Gynt] .. Jac van Steen leitete das Orchester, die aktuellen und ehemaligen Sänger der Kantonschule Rychenberg und seine Solosänger mit grosser, jederzeit stimulierender Überlegenheit, die auch bewegtende poetische Momente kannte… und dann natürlich das omnipräsente Orchester – Dirigent Jac van Steen ist nicht nur eminent erfahren, sondern halt auch ein Musiker von Gottes Gnaden ..
(Der Landbote, November 2006)
… Perfekt auf den niederländischen Dirigent war dieses Repertoire zugeschnitten. Ein Kapellmeister im besten Wortsinn ist der Dirigent, der noch aus vielen Bochumer Konzerten gut in Erinnerung ist, und ein glänzenderOrchestererzieher, der die Philharmoniker bestens kontrollierte.
Der Architectur und Struktur der Beethoven-Sinfonie hört man selten so klar … Für die Hornistin Marie Luise Neunecker war dieser Dirigent ein Geschenk. Sie liebt den feinen, leisen Ton..
Dortmund 26.04.2006
… Dabei hatten sie den Abend, den der niederländischen Dirigent Jac van Steen leitete, mit einem exzellenten Kopfsatz von Beethovens 2. Sinfonie begonnen. Überzeugend gelangen hier auchdie nicht ganz so markanten Dtruturen, präzise des heikle Rythmus, homogen das Klangbild….
Dortmund 26.04.2006
.. Van Steen hatte den Abend bedeutsam begonnen. Mit Beethovens zweiter Sinfonie, klassisch im besten Sinn des Wortes. Akzentreich machte er die Eigenheiten dieses oft unterschätzten Werk deutlich, musizierte sorgsa und beschwingt..
Es folgte Strawinskys Sinfonie in drei Sätzen, ein kaprizöses Stück.. Van Steen musizierte es sehr pointilliert und die Philharmoniker waren mit sichtlicher Freude und in guter Tagesform dabei..
Dortmund 26.04.06
Klanggemälde von höchsten Graden
Dirigent Jac van Steen lässt den Emotionen freien,, aber immer kontrolliertem Raum
Mit Tchaikowsky und Dvorak präsentierte das Berliner Sifonie-Orchester im Congress Centrum virtuose Brillanz und auch ein wenig Weltschmerz. Begeisterend! Viele waren gespannt, wie dieses 1952 gegründete Orchester unter seinem holländischen Dirigenten Jac van Steen klingt.
Umso grösser war die Überraschung schon nach den ersten Tönen der “Hamlet”Ouverture von Tchaikowsky, einer düster-melancholischen Tondichtung in knalligen Klangfarben und mit viel Blech. Denn Jac van Steen liess keinen Zweifel daran, dass er von Showeffekten nichts hält, sondern eine unaufgeregte, werkdieliche und traditionell gefärbte Klangkultur bevorzügt. Da wikte nichts aufgesetzt oder zeitgeistig, immer hielten die Streicher und Bläser das innere Gleichgewicht, die Spannung liess nie nach, selbst bei den Klangerruptionen der Hamlet-Ouverture behielt Jac van Steen alle Kräfte eisern in der Hand. Das Ergebnis waren Interpretationen aus einem Guss, emotional anrührend, melodisch von grossem Atem und gelegentlich hochdramatisch…
…. Liess er bei der Dvorak-Sinfonie den Emotionen freien, aber immer kontrollierten Raum..Die gar nicht so sonnige Sinfonie.. erstand unter seiner sensibelen Stabführung in ihrer ganzen düster-leidenschaftlichen, abgründigen und pathetischen Pracht, eine Klanggemälde von höchsten graden. Insbesondere das Adagio geriet zu einer Studie von grosser Schönheit. Dem Scherzo-Vivace fehlte, wie auch dem anderen Sätzen, der folkloristishen Unterton, das mächtige Finale erinnerte an die Brahmssche Sinfonik. Am ende wurden Jac van Steen und das Berliner Sinfonie-Orchester begeistert gefeiert.. für die Demonstration bester sinfonischer Kunst..
Konzerthausorchester Berlin (BSO)
Februar 2006
A Sea of sweeping emotion
The full orchestra was on satge for the Rachmaninov 2nd Seymphony and the audience was delighted by the sheer enormity of sound in the great melodies and soaring emotion that conductor Jac van Steen and the BBC Orchestra brought to the fore, They were masterful in all four movements…… intensely powerful whilst still being luscious and lyrical.
WM 19-11-2005
Russian Romantics – BBC National Orchestra of Wales
The music of Rachmaninov has always been something of a speciality in the hands of the BBC National Orchestra of Wales. You won’t hear a finer performance of the SecondSymphony than the BBC NOW provided at this splendid concert, before a sizeable, informed audience.
Conducting was Jac van Steen who knew just how to build up the expansive sweep of the score to bring out all the emotions and the heartfelt core of the music in what was a deeply considered reading. …
SWEC 21.11.2005
BBCNOW/ Van Steen
Brangwyn Hall, Swansea
Rian Evans - Monday May 23, 2005 - The Guardian
The BBC National Orchestra of Wales recently named Jac van Steen as their principal guest conductor and, if this performance is anything to go by, the players must hope that he will be a frequent guest. Here was music-making at its vibrant best. Van Steen's Dutch compatriot Janine Jensen was the soloist in Tchaikovsky's Violin Concerto. [ - ]
It was in the finale that the strength of the collaboration with Van Steen emerged. The pair were so finely balanced that the violin's exchanges, first with woodwind and then cellos, created at times an almost Mozartean intimacy - but they were ultimately fiery and exhilarating, and Russian to the core.
At the opening of the concert, in Bartok's Two Pictures, Van Steen had demonstrated an acute ear for texture and rhythmic precision. These are prerequisites for Stravinsky's Rite of Spring but, again, it was respect for the music's Russian sensibility that defined his approach to this great score. There was a raw and earthy quality, by turns poignant and almost brutal in its intensity, with a wide dynamic range - yet Van Steen also pointed up the tiniest of phrases with startling clarity and finesse.
It became an electrifying display; rarely have the painted panels by Frank Brangwyn that decorate the walls of this hall seemed to resonate so vividly. Although their subject is Empire, the images teem with a riot of colour and a balletic energy, and the affinity with the Stravinsky was remarkable.
INTOXICATING EVENING TOOK THE BREATH AWAY
BBC now / St.David’s Hall, Cardiff
Bartok, Two pictures
Strawinsky, Rite of Spring
Breathtaking isn’t a word I use lightly yet such was the combination of fire and passion in this sweeping concert that you were left gasping. From the remarkable virtuosity of violinist Janine Jansen to the riot of rythms and pagan svagery, conured up by conductor Jac van Steen, this was an intoxicating evening!
The programme began with Bartók’s Two Pictures giving Van Steen an early opportunity to display his relationship with the players, and that command of the orchestral forces – and impress again the audience of BBC Now as its newly-appointed principal guest conductor.
[…]
Strawinsky’s dangerous masterpiece really is just the vehicle for the orchestra to show how it can work with its new principle guest conductor, celebrating their partnership in a ravishing and adrenaline-filled performance. This is really orchestral playing at its most gripping. The Dance of the Earth and the Sacrificial Dance leave the hairs on the back of your neck standing and by the abrupt ending, with its tense hold-your-breath pause, the most blasé of audiences would be blown away..
{…}
At the end of this concert the audience broke into an explosion of aplause and foot tapping. Our new friend Van Steen was left in no doubt he is at home in Wales.
Western Mail / 21/05/2005
Mike Smith